(1998, Sept. – Dez.) Ergänzung, Erlebnisse in der Psychiatrie

Den ersten Psychiatrieaufenthalt verbrachte ich im Alter von 13 Jahren in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Wechselburg. Voran ging meine erste manische Episode, die mich zunächst in die Notaufnahme in Freiberg führte und im Anschluss in die Psychiatrie. Die Einweisung erfolgte durch die Kinderklinik. Ich hatte anfangs keine Ahnung was mit mir geschah, denn ich fand mich an einem völlig fremden Ort wieder. Ich fühlte mich wie in einer Parallelwelt, welche mitnichten mit meinem vorhergehenden Leben vergleichbar war. Bisher war ich nicht länger als eine Woche von zu Hause weg gewesen und jetzt sollten es 4 Monate sein.

Meine Erinnerungen an diese Zeit sind vage und stellen nur einen kleinen Streifzug durch das Erlebte dar.

In den ersten Wochen durften mich meine Eltern an den Wochenenden nur besuchen bis ich später samstags abgeholt und sonntags zurück in die Psychiatrie geschafft wurde. Man legte mich in ein Doppelzimmer und teilte dieses mit einem 17 Jahre alten Teenager. Wir sprachen kaum miteinander, aufgrund meiner Depression wusste ich auch einfach nicht was ich erzählen sollte. Ich hatte ausschließlich negative Gedanken und zog mich meist in mich zurück. Ich fasste kaum Kontakt zu den Mitpatienten und fühlte mich als Außenseiterin. Wenn ich mich in einer Depression befinde fällt es mir grundlegend schwer zu sprechen. Meine Sprache ist verlangsamt und die Worte hören sich schwerfällig an. Ich bin meist stumm und dies wird leider auch oft damit verwechselt, dass man in gewisser Weise minderbemittelt ist. Meine Mitpatienten hielten mich sicher für dumm und mieden weitestgehend meine Gegenwart.

In dieser Zeit sprach ich das erste Mal mit einer Psychologin, keiner wusste warum ich depressiv und manisch wurde also suchte man nach Gründen. Leider mussten sich meine Eltern damit auseinandersetzen und den Fragen stellen. Für mich war damals schon glasklar, dass es nichts mit meinem Elternhaus zu tun habe. Ich sah mich als Übeltäter, der die eigene Familie in Verwirrung und starke Veränderung brachte. Dementsprechend zweifelte ich stark an der Liebe meiner Eltern und meinte, dass ich als Tochter quasi wertlos sei.

Es wurde entschieden, dass ich ab sofort Medikamente nehmen würde auch wenn die genaue Diagnose zu diesem Zeitpunkt unklar war. Des Weiteren erinnere ich mich an die Kunsttherapie in der wir zu Musik malen sollten. Es kam vor, dass mir nichts einfiel und ich mich dafür schämte und quälte. Solche Erfahrungen verstärkten die Depression aufgrund von Versagensängsten. Ich war dazu angehalten ein Stimmungstagebuch zu führen. Tag für Tag starrte ich auf ein weißes Blatt Papier, welches beschrieben werden musste. Ich gab mir Mühe dieser Pflicht nach zu kommen, doch wusste ich nicht wie ich meine Gefühle ausdrücken sollte, denn ich spürte mich nicht wirklich. Also schrieb ich wahllos ein paar Zeilen, mit denen ich mich aber nicht identifizieren konnte. Die Reflektion meiner Stimmung brachte mir rein gar nichts, denn ich verstand mich und meine Gefühlswelt dadurch nicht besser. Dies war mir zu abstrakt. Einmal die Woche musste ich den Saunagang über mich ergehen lassen. Die Teilnahme war ein absolutes Muss obwohl ich dies regelrecht hasste und mich innerlich dagegen sträubte. Vielleicht sollte es mir Entspannung bringen, ich konnte den Sinn dahinter nicht erkennen. Letztendlich hat mich das traumatisiert und ich würde niemals wieder eine Sauna betreten. Die Krankenschwestern machten mit uns auch diverse Ausflüge. Besonders gut erinnere ich mich an eine Fahrradtour wofür sich meine psychische Verfassung gar nicht eignete, denn ich hatte ständig das Gefühl die Balance zu verlieren und in den Abgrund zu stürzen. Ich sagte natürlich nichts von meinen Problemen.

Jede Beschäftigung stellte eine große Herausforderung dar, so auch der Unterricht in der Klinikschule. Meine Leistungen waren viel schlechter als gehabt und dem Misserfolg gab ich mich hin. Die negativen Gefühle nahmen zu, ich fühlte mich für alles Geschehene schuldig und fragte mich, ob ich wohl jemals wieder ein normales Leben führen könne. Die Zeit zog sich und oft dachte ich, dass es noch viele Kilometer bis zum Ziel seien und eigentlich unerreichbar für mich. Ich verspürte lange Zeit absolut keine Fortschritte und war völlig hoffnungslos. Niemand konnte mir in dieser verzwickten Situation helfen, ich musste ganz allein da hindurch. Ich selbst bezeichnete mich als verrückt und abnorm. Mit diesem Vorurteil würde ich die nächsten Schuljahre konfrontiert sein.

Ich kann sagen, dass sich ich im Dezember eine Verbesserung meiner Stimmung einstellte und erstmals Lichtblicke wahrnahm, Druck und Ängste fielen von mir ab. Ich hatte auch wieder Spaß beim Singen und ließ mich sogar dabei filmen. Meine Person wurde von den Krankenschwestern bemerkt, in einer positiven Weise und ich konnte mich erbauen. Bei dem Gedanken an die Rückkehr in meine Schulklasse wurde es mir nicht mehr bange sondern ich sah dem positiv entgegen. Die depressive Episode nahm tatsächlich ab und ich durfte mit Beginn der Weihnachtsferien endlich entlassen werden.

Der Psychiatrieaufenthalt war unbedingt erforderlich gewesen und hat zu meiner psychischen Stabilität beigetragen. Ich befand mich zuvor in einer ausnahmslosen Krise und keiner wusste was wirklich mit mir passierte. Die Klinik brachte die nötige Intervention. Ich hatte dort Ruhe und konnte mich wieder auf den richtigen Weg machen.

(31-2020) Corona und Schlafstörungen

Während dem ersten Lockdown entwickelte sich eine starke Schlafstörung.
Natürlich reagierte ich sofort darauf und kontaktierte meinen Psychiater.
Er setzte ein Schlafmedikament an und selbst damit dauerte es sehr lange bis ich ruhiger schlief. Die Einschlafzeiten zogen sich mehrere Stunden. Es belastete mich, doch glücklicherweise blieb meine Stimmung ausgeglichen und hatte keinen solch großen Einfluss auf mein tägliches Leben.
Die Einschränkungen der Pandemie trafen mich nicht so hart, weil ich wusste was Entbehrung und Verzicht bedeutet. Auf Dauer beispielsweise kein Konzert oder Tanznacht erleben zu können war mir sehr vertraut, besonders wichtig war mir die Ruhe zu bewahren und nicht zu viel nachzudenken.
Ich fütterte mich deshalb auch nur mit wenigen Informationen zum Thema Corona.
Meiner Familie und Freunde ging es auch gut. Sie behielten ihren Arbeitsplatz und blieben zunächst gesund.
Nach dem ersten Lockdown im Mai sollte das WGT nicht stattfinden sondern lediglich ein kleiner Mittelaltermarkt, diese willkommene Abwechslung wollte ich mir nicht entgehen lassen. Ich fuhr nach Leipzig und nahm mir ein Hotel, ich genoss diese Zeit sehr.
Im Juni reisten wir nach Bayern an den Chiemsee. Leider fand ich in den Nächten kaum Schlaf und das Schnarchen von Christian beeinflusste diesen zusätzlich.
Da ich keine Ruhe fand mussten wir eine Nacht früher abreisen.
Zuhause bekam ich dann den ersehnten Schlaf und er stabilisierte sich zunehmend.
Und auch im August beehrte ich Leipzig mit meiner Gegenwart. Besonders schön war das Badeerlebnis mit meiner Freundin und ihrem Sohn am „Cossebauder See“.
In meinen Trommelunterricht stieg ich im Oktober wieder ein.
Allerdings wechselte ich den Lehrer nach 5 Stunden, weil er meinem Empfinden nach kein wirkliches pädagogisches Geschick besaß. Mit meinem heutigen Lehrer bin ich sehr zufrieden und gehe wöchentlich zum Unterricht. Das Trommeln bereitet mir riesigen Spaß und Freude und ich bin gespannt inwieweit ich das Instrument irgendwann beherrsche.
Im November besuchte ich meine Eltern und es stellte sich heraus, dass meine Mutti positiv getestet ist, deshalb musste ich in Quarantäne. Ich durfte keinerlei Kontakt zu Christian hegen was mir schwer fiel. Insgesamt überstand ich diese Zeit gut und erst im Anschluss begannen wieder einmal meine Schlafstörungen. Das lag sicher an den Veränderungen durch den erneuten Lockdown, denn ich durfte nicht mehr zur Arbeit gehen.
Mein Arzt verschrieb mir abermals ein Schlafmittel mit dem sich die Schlafqualität leider nur sehr langsam verbesserte. Ich musste sehr geduldig sein.
Das Weihnachtsfest verbrachten wir bei meinen Eltern und Schwiegereltern,
es war ein harmonisches Beisammensein.
An Silvester kam meine liebe Freundin zu uns und es gab Fondue.
Wir hielten einen regen Austausch und das neue Jahr konnte kommen.

(30-2019) Hochzeitsreise und Stabilität

Leider hielt die gewonnene Stabilität im Januar nicht weiter an, wie sehr hatte ich gehofft diese Qual endlich hinter mich gebracht zu haben.
Im März besuchte ich mit meiner Freundin ein Konzert von „Brendan Perry“ in Leipzig.
Ich übernachtete wieder im Hostel. Ich hatte den Abend gut durchgehalten, ein weiterer wichtiger Schritt war getan.
Und damit nicht genug, denn zwei Monate später erlebte ich meine erste Tanznacht nach langer Zeit der Abstinenz. Ich wagte es, obwohl ich noch nicht wirklich stabil blieb. Es war jedoch befreiend für meinen Geist und Seele. Ich würde nun wieder regelmäßig tanzen gehen.
Wir unternahmen eine Reise zum Bodensee, während dieser fühlte ich mich ausgeglichen und nahm an es geschafft zu haben. Leider fiel die Stimmung wieder und ich musste weiter um eine Stabilität kämpfen. Im Juli holten wir unsere Hochzeitsreise in die Toskana nach.
Ich fühlte mich sehr gut und dem vermeintlichen Stress gewachsen. Dieser Urlaub war mit Abstand der Schönste den wir bisher erleben durften. Es passte einfach alles, das Hotel, der Strand, die beeindruckenden Sehenswürdigkeiten und das gute Essen.
Eine weitere Unternehmung machten Christian und ich an die Müritz und auch dort konnte ich mich entspannen und grübelte weniger als sonst.
Im Anschluss an dieser Urlaubsreise gewann ich tatsächlich an Stabilität, die bis heute andauert. Ich wurde erlöst von all dem Leid und das war zunächst schwer zu fassen, denn das Vertrauen darin wuchs langsam aber sicher. Irgendwann denkt man nicht mehr so oft an die schweren Zeiten sondern lebt viel mehr in der Gegenwart und auch die Zukunft hat nur einen geringen Stellenwert. Ich arbeitete mittlerweile drei Tage im Seniorenheim.
Die Therapie blieb bis Ende des Jahres ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben, dort konnte ich Erlebtes mit Hilfe meiner Therapeutin reflektieren. Ehrlich gesagt brauchte ich die Unterstützung nunmehr kaum, zog aber bis zum Schluss für mich das Beste daraus.
Ich wollte mir einen großen Traum erfüllen und Unterricht an einer afrikanischen Trommel namens „Djembé“ nehmen. Zunächst nahm ich an einer Probestunde teil und entschied mich dann regelmäßig Unterricht zu nehmen, darauf folgten drei Unterrichtsstunden.
Im neuen Jahr sollte es eigentlich weiter gehen doch mein Lehrer wurde krank.
Ich fuhr im November ein weiteres Mal nach Leipzig um mit meiner Freundin ein Konzert zu besuchen. Wir hatten großen Spaß und blieben im Anschluss noch ein wenig um zu tanzen.
Mein letztes Konzert bis heute erlebte ich kurz vor dem Jahreswechsel und setzte viel Energie in mir frei.
Silvester verbrachten wir mit einem befreundeten Paar in einer Ferienwohnung in Tschechien.
Wir harmonierten sehr gut miteinander und verlebten eine kostbare Zeit.

(29-2018) Wechselbad der Stimmungen

Die Stabilität hielt leider nur zwei Wochen an und ein weiteres letztes EKT wurde ambulant durchgeführt. Es fiel mir sehr schwer ein weiteres Mal die Station betreten zu müssen.
Ende April besuchten mich meine Freundin und ihr Sohn. Ich konnte die Zeit genießen und meine depressive Verstimmung löste sich.
Ein paar Tage hielt die ausgelassene Stimmung an bis ich erneut in ein tiefes Loch stürzte. Drei bist fünf Tage konnte ich das Gleichgewicht halten bis ein erneuter Schub eintrat. Im Juni wurde mir klar, dass eine Psychotherapie eine große Hilfe sein könne. Meine Mutti machte sich im Internet nach meiner damaligen Therapeutin schlau und fand einen Internetauftritt von ihr. Sie bot mir eine fünfstündige Therapie an und wollte mir mittels der EMDR Therapie (Gehirnhältentraining) helfen. Bereits nach zwei Stunden war sie der Meinung, dass vorrangig eine Krisenintervention nötig sei.
So zeigte sie mir verschiedene Skills, welche ich in einer Notsituation anwenden solle. Nach mehrmaligem Ausprobieren kam ich zu dem Entschluss, dass dies keine Wirkung erzielte. Leider hatte meine Therapeutin kein Verständnis für meine Sicht und gab mir zu verstehen, dass sie mir nicht helfen könne.
Als ich schließlich Herrn Ritter um eine Psychotherapie bat reagierte er sofort.
Es vergingen gerade mal zwei Wochen und ich konnte meine erste Therapiestunde
wahrnehmen. Seit August ging ich wöchentlich zur Therapie.
Wichtig war mir das Führen eines Stimmungskalenders um den Verlauf von stabilen Tagen und Verstimmung genauer im Blick zu haben.
Im Juli begann ich auch wieder mit meiner ehrenamtlichen Arbeit, die ich zweimal die Woche für drei Stunden ausführte.
Ich wurde von meinen Kollegen sehr gut aufgenommen und es gab keine unangenehmen Fragen.
Trotz das es mir oft schlecht ging hatte ich nach getaner Arbeit keine Kopfschmerzen.
Ich hielt das Arbeitspensum sehr gut aus.
Den Gottesdienst mieden wir weitestgehend, weil die teils erzwungenen Gespräche lästig waren
und vor allem dem Pastor die Empathie fehlte.
Im August starteten wir den Versuch für eine Übernachtung nach Rathen zu fahren.
Wir schauten uns auf der „Felsenbühne Rathen“ das Musical „Zoro“ an.
Der Tapetenwechsel hatte mir gut getan.
Kurze Zeit später fuhren wir zwei Tage nach Erfurt. Seit Rathen hatte ich durchweg gute Tage gehabt.
Schließlich wagte ich einen weiteren Schritt und reiste allein mit dem Zug nach Leipzig. Ich nahm mir in der Nähe der Wohnung meiner Freundin für zwei Tage ein Zimmer in einem Hostel. Ich fühlte mich recht wohl, obwohl es mir am Tag davor wieder einmal sehr schlecht ging.
Am Abend traf ich mich mit meiner Freundin in einer Bar und war sichtlich gelöst und aufgedreht. Ich spürte erstmals wieder mein wahres Selbst.
Die Feier anlässlich des 55. Geburtstages meiner Schwiegermutter stand im September bevor. Ich empfand große Aufregung, denn seit der Hochzeit hatte ich die Familie von Christian nicht mehr wieder gesehen.
Ich grübelte während wir zu Besuch waren und konnte mich dennoch über das Wiedersehen freuen.
Im September entschloss ich mich wieder in einem Fitnessstudio anzumelden, denn eine sportliche Aktivität würde mir gut tun.
Ich hatte noch immer „Tavor“ in meiner Medikation, dieses sollte aber langsam abgesetzt werden.
Langsam setzte ich das Medikament ab und bekam leider starke Suizidgedanken und musste den Akutarzt in der Klinik aufsuchen. Es wurde sofort wieder eindosiert.
Ab Dezember konnte ich mich für vier Wochen stabilisieren, obwohl ich Weihnachten gegenüber große Bedenken hegte. Es verlief aber alles friedlich, endlich konnte ich Weihnachten genießen.
An Silvester gingen Christian und ich ins Kino und in ein Restaurant essen.
Ich war stets bedacht wenig Stress zu haben und mich zurück zu nehmen, wenn es erforderlich ist.

(28-2017/2018) Manische Episode und Depression

Christian veranlasste eine Aufnahme auf die geschlossene Station.
Ein großes Glück war, dass ich mich freiwillig einweisen lies.
Erst auf Station zeichnete sich eine psychotische Manie ab.
Christian wollte ich die ersten zwei Wochen nicht sehen.
Ich meinte gegenüber dem Pflegepersonal sogar, dass er Alkoholiker sei und mit meiner Freundin fremdgehen würde.
Eine sehr gute Freundin erzählte mir viel von meinem wahnhaften Verhalten auf Station.
Ich sang wohl viel und anhaltend und dachte dabei an zwei Taizé Lieder, welche mir sehr am Herzen liegen.
Ich projizierte verschiedene Personen aus meiner Vergangenheit auf das Pflegepersonal.
Einen Pfleger verglich ich mit dem Vater einer Freundin, welcher auch diesen Namen trägt. Er war bei unserer Hochzeit anwesend und wir sahen uns dort das erste Mal.
Er ist ebenso wie der Pfleger tätowiert. Dies manifestierte sich in meinen Gedanken. Eine Internetbekanntschaft, die mich in jungen Jahren sehr geprägt hat, projizierte ich ebenso auf diesen Pfleger.
Da gab es aber keinerlei ersichtliche Vergleichspunkte.
Besonders Namen hatten eine große Irritation in mir ausgelöst, gab es beispielsweise Vornamen mehrmals auf Station dann war das gleich eine Katastrophe für meinen Geist.
Ich verglich diese dann mit den Namen meiner Familie, Freunden, Bekannten und prominenten Menschen. Ich dachte, dass mein Name aufgrund der Schreibweise mit K ein Indiz gegen meinen Glaube an Gott sei. Als ich von einer Mitpatientin erfuhr, dass sie mit Ch geschrieben wird schlussfolgerte ich sofort sie müsse deshalb gläubig sein.
Es gab auch die Situation als ich fixiert werden musste, weil ich mich selbst gefährdete. Ich verweigerte
die Medikamenteneinnahme, weil ich der Annahme war, dass man mir damit Schaden wolle und es quasi nicht zur Heilung führen sondern es krank machen würde.
In meinem Zimmer sah ich überall Wanzen und redete mir ein, dass ich überwacht werden würde.
Die Pfleger/innen wollten angeblich mein Handy durchsuchen und meine Kontakte über meine Krankheit aufklären, genauso werde auch das Internet (Youtube) davon in Kenntnis gesetzt.
Ich malte außerdem sehr viel und war dann der Meinung, dass mir meine Stifte und auch Zeichnungen geklaut wurden.
Ich nahm auch an, dass die Pfleger/innen diese aus meinem Schließfach klauten.
Wenn es um Lebensmittel ging war ich beispielsweise bei Joghurt und Teesorten der Meinung, diese nicht essen zu dürfen und schaute dabei auf die jeweiligen Markennamen und sah dahinter eine Gefahr.
Ich hatte Schwierigkeiten zu meinem Glauben zu finden.
Dahingehend fühlte ich mich schuldig Böses getan zu haben und nannte mich kurze Zeit „Königin der Juden“.
Ich dachte weiterhin ausländerfeindlich zu sein, obwohl mich ein Bekannter aus Kurdistan mehrfach besuchte.
Als ich ein Poster an der Tür von der Sozialarbeiterin erblickte bildete ich mir ein mich nicht mehr auf meine gewohnte Weise kleiden und schminken zu dürfen.
Es waren darauf mehrere Künstler zu sehen darunter auch der Mann meiner ehemaligen Chorleiterin. Ich lernte ihn im Sommer zum Grillfest kennen.
Eine weitere abgebildete Künstlerin erinnerte mich an mich selbst.
Ich achtete bei dem Pflegepersonal und Patienten darauf, ob sie rauchten, eine Brille trugen, was für eine Frisur sie hatten, welcher Schmuck und Kleidung getragen wurde und ob sie gepierct und tätowiert waren.
Aus diesen Kriterien zog ich merkwürdige Schlüsse, wie z.B. dass Menschen die eine Brille tragen automatisch schlau sind.
Ich glaube, es gab noch vielerlei Irritationen an die ich mich selbst jedoch nicht erinnern kann.

Es kam der Umschwung auf eine depressive Episode, die wahnhaften Gedanken waren nun gedämpfter. Zwei Monate hielt ich mich auf der geschlossenen Station auf und wurde dann auf die Offene verlegt. Ich zog mich in mich zurück.
Christian besuchte mich jede Woche und später übernachtete ich am Wochenende Zuhause. Er hielt zu mir, obwohl es eine herausfordernde Situation darstellte. Da ich eine schwere Depression durchlebte, die unter der Behandlung mit Psychopharmaka nicht abklingen wollte, entschieden sich die Ärzte für eine „Elektrokrampftherapie“. Bei der unter Narkose und unter Muskelentspannung durch eine kurze elektrische Reizung des Gehirns ein Krampfanfall ausgelöst wird.
Tatsächlich hellte sich meine Stimmung nach jeder Behandlung auf und ich fühlte mich gelöster ohne anhaltendem Grübeln.
Nach ca.20 EKT´s trat ein größerer Erfolg ein und es hieß, wenn ich mindestens eine Woche stabil bleiben würde könne man über eine Entlassung nachdenken.
Im April nach 8 monatigem Aufenthalt auf der Depressionsstation wurde ich entlassen.

Bis August 2019 würde ich allerdings mit starken Stimmungsschwankungen zu kämpfen haben.

(27-2017) Kirchliche Trauung

Die Hochzeitsvorbereitungen liefen auf Hochtouren.
Der Opa von Christian, der pensionierter Pastor ist, sollte uns trauen.
Ich kümmerte mich um eine passende Hochzeitslocation, einem
„Hochbehälter“ in Ockerwitz, ein ganz wundervoller Ort nahe einem Kornfeld.
Meine Chorleiterin empfahl mir Musikerinnen, mit denen ich mich in Kontakt setzte. Ein Mitglied des Chores machte mich mit einer Fotografin bekannt,
ich traf mich mit ihr und wir sprachen über ein Probeshooting.
Im April machten wir bei den Elbschlössern ein paar Probeaufnahmen. Unsere Fotografin brachte viele unterschiedliche Requisiten mit was uns sehr überraschte. Wir konnten in andere Rollen schlüpfen, so bekam Christian einen Zylinder auf und ich einen Blumenkranz auf den Kopf.
Die Bilder sind wunderschön geworden und wir freuten uns eine solch begabte Fotografin zu haben.
Eine Cateringfirma wählte ich auch aus und gemeinsam mit Christian legte ich die Speisen fest.
Mit einer Konditiorin sprach ich über meine Wünsche was die Hochzeitstorte anbelangte.
Mein Hochzeitskleid suchte ich in einem Verleih mit meiner Freundin aus Leipzig aus.
Ich konnte mich relativ schnell entscheiden und war mit meiner Wahl sehr zufrieden.
Den Anzug kauften wir für Christian in einem Bekleidungsgeschäft und wurden sehr gut beraten.
Um von der Kirche zur Location zu gelangen wollte Christian ein Gefährt mit Chauffeur mieten.
Die Einladungen entwarf und verschickte ich. Mit einer Freundin aus der Oberlausitz besprach ich die Tischdekoration und sie bastelte Schmetterlinge aus Papier dafür. Ich war für ihre Hilfe dankbar. Unsere Fotografin kümmerte sich um die Blumendekoration in der Kirche und Location.
Für den Abend lud ich einen DJ der Gothic Szene ein, der Tanzmusik auflegen sollte.
Trotz der vielen Aufgaben kam ich in keine Stresssituation und ließ mir Zeit.
Leider befand sich meine Mutti in einer depressiven Episode, das warf einen dunklen Schatten über alles. Emotional war ich befangen und konnte mich nicht richtig entspannen, denn ich war stets für sie erreichbar. Meine Schlafstörungen hielten weiter an, obwohl Therapie und Medikation gut aufeinander abgestimmt schienen. Es sollten zu viele Stressoren sein, wie es sich am Ende herausstellte. Ich hätte im Nachhinein noch besser auf mich aufpassen sollen.
Meine Haare ließ ich mir vor dem Hochzeitstag schneiden und am Samstag nur frisch frisieren.
Die Fotografin hielt schließlich alles bis zum Abend fotografisch fest. Sie weilte stets in unserer Nähe, was wir sehr schätzten.
Anschließend fuhren wir zu den Elbschlössern wo wir von ihr fotografiert wurden.
Wir fühlten uns beim Posieren sehr wohl und unsere Freude war groß, wir lachten viel.
Danach ging es zur Kirche in Bühlau und alle Gäste fanden sich ein um den Kirchraum zu betreten.
Christian und ich schritten bedächtig zum Altar, begleitet von den Blicken unserer lieben Gäste.
Es war ein sehr emotionaler Moment als wir Platz nahmen und Christians Opa uns empfing.
Die musikalische Umrahmung passte wirklich sehr gut. Nach Beendigung der Trauung holte uns unser Chauffeur ab und wir fuhren durch die Stadt bis nach Ockerwitz. Das war wirklich ein einmaliges Erlebnis für uns gewesen.
Als wir bei der Location ankamen wurde groß gefeiert, alles lief nach Plan und sehr harmonisch ab. Ich fühlte mich ausgesprochen gut und gedanklich bestens sortiert und das war auch für die Anderen gut spürbar. Es gab keinerlei Vorzeichen für das was in den nächsten Tagen geschah.
Ich tanzte bis ca. 2h und fand schwer in den Schlaf. Schließlich bekam ich Halluzinationen, die ich in dieser Form nie zu vor erlebt hatte. Am Morgen war ich ziemlich stark gereizt. Das Zubereiten des Frühstücks und das Aufräumen kostete mich viel Kraft und Energie.
Ich dachte jedoch, dass sich das von selbst wieder regulieren würde. So benötigte ich vielleicht einfach nur Ruhe, dem war aber nicht so.
Auf einmal war ich der Annahme, dass mir vertraute Menschen Böses wollen und sah überall Gefahren auf mich lauern. Ich steigerte mich immer weiter hinein und wurde aggressiv. Zuletzt glaubte ich, dass selbst meine Mutti gegen mich ist.
Christian war der Meinung, als sich die Situation zuspitzte, dass ich mich schleunigst in der Psychiatrie vorstellen solle und wurde dann auf die geschlossene Station eingewiesen.
Die geplante Hochzeitsreise in die Toskana musste Christian stornieren.


Eine lange Behandlungszeit stand mir bevor.

(26-2016) Friedliches Jahr

2016 war ein ruhiges und gutes Jahr auch wenn Opa kurz vor seinem 80. Geburtstag verstarb.
Ich wechselte mein Ehrenamt, weil ich mit der Arbeitsauffassung einer Alltagsbegleiterin nicht länger zurecht kam. Bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit ist es mir sehr wichtig, dass alle Gegebenheiten stimmen und ich diese mit reinem Gewissen vertreten kann.
Ich muss mich auch wirklich wohlfühlen und es als sinnstiftend empfinden.
Die alten Menschen betreute ich noch immer gern und wollte bei diesem Klientel bleiben. Kurze Zeit arbeitete ich in einem Altenheim der Vitanas GmbH und Anfang 2017 bei der Caritas.
Christian und ich entschieden uns dafür eine neue Gemeinde kennenzulernen.
Wie bereits in Zittau sollte es eine Pfingstgemeinde sein. Uns gefiel der lebendige Gottesdienst mit Lobpreis, ich gehörte zum Chor. Leider hatte ich während einem Gemeindefest eine Auseinandersetzung mit einem Gemeindemitglied. Er konnte es nicht akzeptieren, dass ich mich als Christ zur Gothic Szene gehörig zählte. Es war sehr schlimm für mich und wir verließen diese Gemeinde und gingen zurück.
Seit 2009 besuchte ich das erste Mal wieder das Wave-Gotik-Treffen. Ich schlief zwar bei meiner Freundin aber ihr fehlte der Freiraum um mich begleiten zu können.
So war ich die meiste Zeit allein unterwegs,
es fiel mir nicht schwer mit den anderen Gruftis in Kontakt zu treten und führte gute Gespräche.
Ich genoss die Konzerte und Tanznächte.
Des weiteren war ich auf Chorsuche und fand letztendlich einen aufregenden Chor mit einer sehr begabten Leiterin. Ich nahm an einer Probestunde teil und gehörte ab sofort dazu. Wir sangen Lieder aus aller Welt und in verschiedenen Sprachen. Ich hatte jedes Mal großen Spaß beim gemeinsamen Singen.
Christian und ich fuhren für ein paar Tage nach Prag, ich liebe diese wunderschöne Stadt sehr. Wir stießen zufällig auf eine „Magische Grotte“ in der ein Maler seine Zeichnungen ausstellte.
Es war ein großes Glück, denn mir gefiel die Malerei und der Ort ausgesprochen gut, die Musik von einer meiner Lieblingskünstlerinnen erklang.
Zuletzt tauschte ich ein paar Worte mit dem Künstler. Ich denke immer wieder gern an diese zauberhafte Begebenheit zurück.

(25-2015) Suizid Oma, mütterlicherseits

Dieses Jahr sollte ein tragisches Jahr werden, denn meine Oma nahm sich durch eine Überdosis Tabletten das Leben.
Wir waren darauf absolut nicht vorbereitet, es gab keine direkten Anzeichen.
Es sollte allerdings ein neuer Lebensabschnitt beginnen, weil Opa inzwischen so pflegebedürftig war und Oma dies ohne Hilfe nicht mehr stemmen konnte.
Ein Wechsel in ein Pflegeheim sollte geschehen, womit Oma nicht wirklich einverstanden war.
Wir können nur mutmaßen weshalb Oma den Freitod wählte, einen Abschiedsbrief gibt es nicht.
Vor allem für Mutti und ich stellte das eine psychisch herausfordernde Situation dar. Opa bezog ein Seniorenheim ganz in der Nähe des Hauses meiner Eltern.
Ich wollte deshalb in keine depressive Episode rutschen, immerhin hatte ich seit 1,5 Jahren keine Stimmungsschwankungen mehr gehabt.
Aufgrund starker Schlafstörungen seit geraumer Zeit wollte ich sowieso eine Psychotherapie beginnen. Mein Psychiater hatte das hinausgeschoben und nahm es wohl nicht ernst genug, wie ich im Rückblick feststellen muss. Durch die aktuelle Lage jedoch bekam ich sofort eine Therapie in Aussicht gestellt. Zusätzlich kontaktierte ich einen Pfarrer der evangelisch-lutherischen Kirche, der mich seelsorgerisch begleiten würde.
Ich fühlte mich sehr gut umsorgt und beraten.
Glücklicherweise erlitt ich keine Depression sondern konnte das Geschehene gut aufarbeiten. Die Therapie und Seelsorge blieb auch 2016 ein wichtiger Bestandteil.
Ich bin bis heute ausgesprochen dankbar dafür.

Es gab aber auch schöne und wertvolle Momente, so gebar meine liebe Freundin aus Leipzig einen Sohn. Nur ein paar Tage später besuchten wir sie und trafen uns ein weiteres Mal beim Wave-Gotik-Treffen zu einem Gottesdienst.
Außerdem verreisten wir ein paar Tag nach Berlin, besonders in Friedrichshain fühlten wir uns heimisch und wollten Szene Läden und Kneipen ausfindig machen.
Eine Gothic Kneipe hatte es Christian angetan und wir verbrachten zwei Abende dort.

Wir besuchten regelmäßig den Gottesdienst der evangelisch-methodistischen Kirche und bekamen schnell Anschluss.
Ich meldete mich im Fitnessstudio an und trainierte mindestens zweimal die Woche, was mir sehr gut tat.
In ein Ehrenamt wollte ich mich weiterhin einbringen und entschied mich für ein Pflegeheim des DRK. Ich fand mich schnell in meine Arbeit hinein und war stets motiviert.
Mit den Kollegen verstand ich mich auch gut, sie gaben mir das Gefühl dazuzugehören ohne Vorurteile oder jegliches.
Später gab es allerdings Probleme, welche ich im nächsten Kapitel schildern werde.

(24-2014) Umzug nach Dresden

Im neuen Jahr hatte ich mich wieder gefangen und ich erreichte die gewünschte Stabilität.
Ich wechselte mein Ehrenamt und begann, bis zum Umzug im August, in einem Pflegeheim zu arbeiten.
Vorher konnte ich es mir nicht vorstellen alte Menschen zu betreuen aber ich interessierte mich schließlich für dieses Klientel.
Bisher hatte ich in diesem Bereich noch keine Erfahrungen weiter sammeln können.
Es war also eine Herausforderung mich hineinzufinden und Kontakt zu den Alten aufzubauen.
Mit meinem emphatischen Verständnis gelang mir dies relativ schnell.
Ich führte Gespräche, las vor und begleitete sie nach draußen.
Aufgrund des geplanten Umzuges hatte ich allerhand zu tun, ich
startete die Wohnungssuche und schaute mir auch eine allein an.
Es ergab sich die Möglichkeit, dass mich Christian für eine Besichtigung von zwei weiteren Wohnungen begleiten konnte. Wir verliebten uns sofort in eine Wohnung, vor allem weil die Lage optimal war, glücklicherweise bekamen wir diese und Erleichterung und große Freude trat ein.
Der Umzug verlief problemlos und nahezu stressfrei, ein neuer Lebensabschnitt würde beginnen.
Wie sehr freute ich mich, dass ich ab sofort meine Freundin öfter traf.
Ich fühlte mich schnell in meiner Wahlheimat angekommen und freute mich über all die Vorzüge, die diese wunderschöne Stadt zu bieten hat. Außerdem beruhigte es mich, dass die psychiatrische Klinik jetzt unweit von unserem Zuhause lag.
Unsere Stubentiger lebten sich auch gut ein und gerade der Balkon reizte sie. Christian hatte einen sehr guten Arbeitsplatz gefunden, der ihn ausfüllte.

(23-2013) Entfaltung und Stimmungsschwankungen

Ende Januar wurde ich aus der stationären Behandlung entlassen.
Meine Stimmung war mittlerweile vollkommen stabil und ich fühlte mich ausgeglichen.
Ich konnte das Leben wieder genießen und war voller Energie und Tatendrang.
Das Ehrenamt beim Kinderschutzbund musste ich nach einem Gespräch mit meinen Kollegen beenden.
Daraufhin suchte ich mir eine neue Stelle bei der „Lebenshilfe“.
Ich arbeitete in einem Freizeitclub, welcher verschiedene Angebote für Menschen mit körperlicher- und geistiger Behinderung darbot, wie Spielnachmittage, gemeinsames Kochen und Essen, Backen, Basteln u.v.m. Ich fand schnell Anschluss, hatte Spaß bei meiner Arbeit und empfand es als erfüllend ohne jeglichen Zweifel.
Im Mai wollten meine Freundin und ich ein kleines Rockfestival in Sebnitz besuchen. Leider spielte das Wetter nicht so richtig mit und es regnete die meiste Zeit.
Über unsere Unterbringung in einer verkommenen Jugendherberge waren wir schockiert, denn wir befanden uns mutterseelenallein in der „Pampa“ und hätten nachts sicher keine Ruhe gefunden.
Wir einigten uns also, dass wir die Nacht durchmachen und den frühesten Bus nehmen würden.
Als wir in Dresden ankamen fühlten wir uns wie „Zombies“. Ich hatte diese ungeplante Aktion jedoch gut überstanden ohne Schaden zu nehmen, natürlich ist solch eine Handlung keinesfalls empfehlenswert.
Einen Monat darauf erlebte ich mit meiner Freundin aus Leipzig ein wundervolles Open Air Konzert in der „Jungen Garde“. Es spielte „Dead Can Dance“, wir waren ziemlich aufgeregt und unsere Freude riesengroß. Vorher aßen wir gemütlich im „Carolaschlösschen“ im „Großen Garten“ und ließen die Seele baumeln.
Im selben Monat führte es Christian und mich nach „Swinemünde“, an der polnischen Ostsee.
Diesen Urlaub konnte ich unbefangen verbringen. Vorher zweifelte ich oft an meiner Intelligenz und ob ich nicht zu wenig von den Dingen verstand, die mir entgegen schlugen.
Das war nun anders und ich konnte wahrlich meinen Geist entfalten. Ich ließ mich beispielsweise begeistert auf ein Theaterstück ein oder eine Ausstellung.
Ich kann wirklich sagen, dass seit dem mein Selbstwert gestärkt wurde.
Von dem Besuchen der Pfingstgemeinde schrieb ich bereits. Wir nahmen seit Sommer regelmäßig an den Gottesdiensten teil und schlossen uns auch einem Hauskreis an wo wir uns einmal pro Woche zur Bibelarbeit zusammen fanden. Wir verstanden uns sehr gut mit den anderen Teilnehmern und öffneten uns in den Gesprächen.
Im September litt ich auf einmal wieder an heftigen Stimmungsschwankungen.
Zwei Wochen fühlte ich mich depressiv, dann zwei Wochen ganz normal.
Dies wechselte sich bis Ende des Jahres ab und kostete mich viel Kraft. Die Enttäuschung war jedes mal groß, wenn die Stimmung doch wieder kippte. Manchmal verlor ich die Hoffnung und wusste nicht wie lange ich das noch aushalten würde.

(22-2012) Standesamtliche Hochzeit und depressive Episode

Im April entschlossen wir uns eine weitere Katze, namens Cleo, aus dem Tierheim zu holen.
Andy nahm sie liebevoll auf und bot ihr Schutz, denn sie war sehr menschenscheu und versteckte sich unter dem Bett.
Einer Empfehlung nach meldete ich mich in einem Fitnessstudio für Frauen an und trainierte dort regelmäßig.
Ich entschied mich im Sommer ein Ehrenamt beim „Kinderschutzbund“ zu machen.
Mich interessierte die Arbeit mit „schwierigen“ Jugendlichen, denen im „offenen Treff“ Freizeitangebote zuteil worden. Meine Aufgabe war das Begleiten und Betreuen.
Der Gottesdienst in der Evangelisch-methodistischen Kirche sagte uns auf Dauer nicht zu, deshalb wollten wir eine Pfingstgemeinde kennenlernen. Wir fühlten uns sofort wohl und schätzten den Lobpreis, zunächst gingen wir nur einige Male hin.

Unsere standesamtliche Hochzeit sollte am 18.08.2012 in Oybin stattfinden.
Christian und ich bevorzugten es die Hochzeit ohne unsere Familien zu feiern.
Anschließend fuhren wir nach Berlin um da ein paar Tage zu verbringen.
Ich fühlte mich schnell gestresst und mit den vielen Reizen überfordert. Natürlich
gab es auch schöne und entspannte Momente.

Anfang Oktober schlitterte ich in eine depressive Episode, die sich vorher nur leicht andeutete.
Ich empfand mich als schwermütig und der Antrieb verminderte sich und das war mir die ganze Zeit über nicht völlig fremd gewesen.
Im Universitätsklinikum war ich nach wie vor alle zwei Monate bei meinem Psychiater in Behandlung. Ich übernachtete an diesen Wochenenden bei meiner lieben Freundin und genossen unsere gemeinsame Zeit, gingen tanzen und führten tiefsinnige Gespräche.
Die große Entfernung von Zittau nach Dresden stellte für eine schnelle Intervention eine Hürde dar.
Ich blieb besser mit meinem Problem allein als einen zusätzlichen Termin wahrzunehmen.
Es war mir unangenehm meinen Arzt um Hilfe zu bitten und dachte, das müsse ich allein aussitzen mit der Hoffnung, dass es sich bessern würde.
Schließlich wurde ich immer ängstlicher und traute mich nicht mehr zur Arbeit und selbst das Einkaufen war mir zu viel. Ich versuchte allerdings meinen Tag zu strukturieren in dem ich einen Tagesablauf über die jeweiligen Aktivitäten schrieb. Ich wusste, wie wichtig Bewegung ist und spazierte an der „Mandau“ entlang, es kostete jedes Mal Überwindung.
Manchmal lockerte sich dabei meine Grübelei und es machten sich positive Gedanken breit, leider hielt das nur kurze Zeit an bis ich mich wieder verspannte.
Mitte Dezember entschloss ich mich für eine stationäre Behandlung, denn ich konnte diese Phase ohne professionelle Unterstützung niemals überwinden.
Der Aufenthalt würde 6 Wochen andauern.

(21-2011) Umzug nach Zittau

Die letzten Monate in Dresden arbeitete ich ehrenamtlich für die Diakonie im „Betreuten Wohnen“.
Ich bereitete das Kaffeetrinken vor und leistete Gesellschaft bei Spielrunden, im Anschluss mussten die Böden gewischt werden. Diese Arbeit machte mir großen Spaß und erfüllte mich, ich bekam nur positive Resonanz.

Christian befand sich mittlerweile im 3. Ausbildungsjahr und sein Ausbildungsbetrieb bot ihm im Anschluss eine Festanstellung. Der Vertrag würde sich auf 3 Jahre belaufen.
Für mich stand sofort fest, dass ich nach Zittau umziehen würde und wir unsere erste gemeinsame Wohnung beziehen.
Mir war dabei ausgesprochen wichtig, dass wir definitiv zurück nach Dresden ziehen würden.
Der Umzug gestaltete sich relativ stressfrei, am Abend gingen wir mit Christians Vater entspannt essen und bummelten über das Stadtfest.
Wir waren voller Freude über unser wunderschönes Heim, jedes Zimmer hatte eine andere Wandfarbe. Ich äußerte den Wunsch eine Katze aus dem Tierheim zu holen, für das wir genügend Platz und Zeit hätten.
Im Oktober besuchten wir jenes und wir entschieden uns für einen schwarz weißen Kater namens Andy. Ich war überglücklich solch ein Fellknäuel bei mir zu wissen.
Bei der Arbeitsagentur wollte ich aufgrund einer Erwerbsminderungsrente ein Gutachten veranlassen. Der Antrag musste bei der deutschen Rentenversicherung gestellt werden um ein Bewilligungsverfahren einzuleiten. Im darauffolgenden Jahr kam es schließlich zur Begutachtung durch einen Psychiater. Die gesundheitlichen Einschränkungen meiner Erkrankung wurden als erheblich eingeschätzt und einer Rente wurde ab 2012 stattgegeben.
Das brachte mir eine große Erleichterung, denn ich war nicht länger von Agentur abhängig.
Christian und ich besuchten hin- und wieder den Gottesdienst der Evanglisch-methodistischen Gemeinde. Die vergangenen 5 Jahre besuchte ich kaum einen Gottesdienst, wenn wir zu Besuch bei meinen Schwiegereltern waren gingen wir allerdings mit in die Kirche.
Besonders gespannt war ich natürlich auf das Szene Leben in und um Zittau. In dem Club „Neo“ wurden Gothic Partys veranstaltet und dort lernte ich eine ältere Frau kennen und wir trafen uns öfter bei ihr. Sie hatte ein vereinnahmendes Wesen, was ich anfangs nicht bemerkte.
Ich freute mich darüber Anschluss bekommen zu haben.
Sie empfahl mir eine schwarze Tanzlocation in Ebersbach, die „Alte Fotofabrik“ und wir nahmen sie mit dem Auto mit dorthin.
Christian begleitete mich auch nach Görlitz in das „Nostromo“, denn ich brauchte ihn als Fahrer.
Er hatte aber auch Spaß beim Tanzen und sah es als keine bloße Pflicht an.
An den Wochenenden machten wir beispielsweise Ausflüge ins Zittauer Gebirge, nach Oybin, an den See von Olbersdorf, Liberec in Tschechien, Herrnhut und Bautzen. In unserem neuen Wohnumfeld gab es viel zu entdecken.

(20-2010) Mangelnder Selbstwert

Am 02.01 kauften wir uns einen Verlobungsring.
An meinem 25. Geburtstag lud ich meine Familie nach Dresden ein, vorher kümmerte sich immer meine liebe Mutti um alles. Ab sofort bekochte ich meine Gäste selbst.
Mit meinen Freunden veranstaltete ich einen heiteren Karaoke Abend.
Ich hatte noch immer starke Stimmungsschwankungen und oftmals keinen Antrieb.
Manchmal fiel es mir schwer zur Arbeit zu gehen. Es kam auch vor, dass ich anrief, weil es später werden würde. Meine Kollegen wussten um meine Erkrankung und zeigten Verständnis.
Eine enorme Überwindung kostete es mich, wenn ich einen Termin bei der Arbeitsagentur wahrnehmen musste und mir suggerierte wie nutzlos ich sei.
Ich traute mir insgesamt wenig zu und es mangelte an einem guten Selbstwert.
Mit meiner Freundin erlebte ich wunderschöne DVD Abende. In ihrer Gegenwart fühlte ich mich frei und wertgeschätzt. Ich zweifelte weniger an mir und die Zeit mir ihr war einfach eine Wohltat, bei ihr ließ meine Unsicherheit nach. Ängste und Sorgen konnte ich stets äußern und wir suchten gemeinsam nach Lösungen. Im Juni reiste ich mit Christian nach Prag, ich war schnell gestresst und gereizt, denn
die vielen Reize belasteten mich auch wenn sie positiver Natur sind. Hin- und wieder ließ die Anspannung nach und war dankbar dafür. Mein Mann und ich führten eine erfüllte Beziehung zueinander auch wenn Hindernisse bewältigt werden mussten. Unser beider Liebe half uns darüber hinweg.

(19-2009) Beziehung zu Christian

Da sich meine depressive Stimmung nicht besserte ging ich im Januar für eine Woche in stationäre Behandlung. Ich erholte mich schnell und konnte mich stabilisieren.
Die Ausbildung war also keine Option mehr und ich trauerte dem nicht nach.
Eine Arbeit im sozialen Bereich sollte meine Berufung sein. Mittlerweile
bezog ich Hartz IV und musste beliebige 1Euro Jobs annehmen.
Wie die Tätigkeit in einem Callcenter, weil ich keinen einzigen Kunden in zwei Wochen von dem Produkt überzeugen konnte wurde mir gekündigt. Worüber ich sehr froh war, denn diese Arbeit empfand ich als absolut sinnfrei.
Einen weiteren Job übte ich im Büro der „Seniorenbegegnungsstätte Friedrichstadt“ der Volkssolidarität aus. Der Einsatz belief sich erst auf 9 Monate und arbeitete noch ein paar Monate zusätzlich bis Ende 2010.
Ich bewältigte eine 30 Stunden Woche, dieses Pensum würde ich heutzutage nicht mehr bewältigen können.
Die Kollegen waren sehr nett und ich fühlte mich wohl.
Ich kann mich an die verschiedenen Aufgaben nur schwer erinnern.
Es ging vordergründig um die Verwaltung der Senioren, die an verschiedenen Freizeitveranstaltungen teilnahmen und Unterstützung bezogen.
Anfang des Jahres lernte ich eine Frau kennen mit der sich eine tiefe Freundschaft entwickelte, wir sind bis heute sehr gut befreundet.


Den ersten Kontakt schloss ich zu meinem Mann über ein Forum für Christen mit Interesse an der Gothic Szene.
Ich antwortete umgehend auf seine Nachricht und es kam zu einem ersten Treffen in Dresden.
Er war mir von Anfang an sehr sympathisch und wirkte vor allem verständnisvoll,
wir führten eine tiefsinnige Unterhaltung.
Unser nächstes Treffen sollte ein Tanzabend im Bunker sein, eine Freundin begleitete uns.
Christian war viel zu früh in Dresden, deshalb bot ich ihm an, dass er in der Küche warten könne.
Ich weiß noch ganz genau, wie ich ihn ansah und mich in diesem Augenblick in ihn verliebte, zwei Wochen später kamen wir zusammen. Mein Mann machte eine Lehre zum Fachinformatiker und befand sich im ersten Ausbildungsjahr.
Zwei Wochen lang arbeitete er in Zittau und eine Woche hatte er in Dresden Berufsschule, in dieser Zeit übernachtete er bei mir. Die Sehnsucht und die Aufregung waren immer groß.
Christian war stets aufmerksam, ein guter Zuhörer, achtete auf meine Bedürfnisse und beteuerte mir seine Liebe.
Ich konnte ihm nur schwer vertrauen, fühlte mich wertlos und litt an Stimmungsschwankungen und bezweifelte oft seine Liebe. Da ich unzufrieden mit mir war reagierte ich aber auch gereizt und besaß eine gewisse Impulsivität.
Er hatte Verständnis für mich, wünschte sich aber mehr Stabilität und solle an mir arbeiten.
Meine Erkrankung stellte für ihn eine Herausforderung dar. Ich erzählte ihm viel über meine Krankheitsgeschichte, so konnte er sich besser in meine Lage einfühlen.
Im August bezog ich eine Wohnung und genoss die Ruhe, denn zuletzt gab es in der WG viele Streitigkeiten. Außerdem wollte ich mit Christian eine größere Intimsphäre.
Wir machten miteinander viele Ausflüge ins Umland von Dresden und er begleitete mich in den Bunker und auch zum Wave-Gotik-Treffen.
Meine Familie war von Christian begeistert und verstanden sich von Anfang an sehr gut.
Aufgrund schlechter Erfahrungen mit meinen damaligen Schwiegereltern verhielt ich mich gegenüber Christians Eltern ängstlich und zurückhaltend.
Eine von zwei Schwestern lernte ich bereits auf ihrem 18. Geburtstag 2006 kennen, zu dem sie mich in ihr Elternhaus einlud.
Es war wirklich ein sehr großer Zufall gewesen.
An Silvester hielt Christian um meine Hand an und wir verlobten uns.

(18-2008) Berufsbildungswerk SRH

Den besagten Mann besuchte ich letztendlich nur noch zweimal und dann trennten wir uns.
Wir hatten eine unterschiedliche Auffassung von Beziehung.
Ein weiteres Praktikum erfolgte im Diakonissenkrankenhaus im Gynäkologiesekretariat.
Meine Aufgabe war das Vervollständigen der Patientenakten und das Einpflegen von Daten in das hausinterne Verwaltungsprogramm.
Ich verstand mich gut mit meinen Kollegen und erfüllte meine Arbeit gewissenhaft.
Im Anschluss arbeitete ich in der Verwaltung der „Weißiger Werkstätten“.
Leider fehlte mir dort jegliche Konzentration und ich erledigte die geforderten Aufgaben fehlerhaft.
Meine Stimmung war getrübter und ich verspürte eine Verunsicherung.
Durch meine Chefin erfuhr ich kein Verständnis, meine Befangenheit wurde nur noch größer.
Ein letztes Praktikum leistete ich in der Verwaltung der „GEMA“. Anstehende musikalische Veranstaltungen nahm ich in das hausinterne Programm auf.
Zu der Zeit bahnte sich eine kurze Beziehung zu einem Mann an, die nur ein paar Wochen hielt.
Unser Mitbewohner zog im Mai aus. Von Juni bis August lebte ein Schauspieler bei uns, der eine Anstellung im Bärenzwinger hatte. Ich mochte ihn sehr und wir verstanden uns auch gut.
Das Theaterstück, „der heilige Gral“, schaute ich mir zweimal an. Anschließend zog in dieses Zimmer eine junge Frau ein.
Im August endete die Wiedereingliederung und meine Freundin und ich reisten für eine Woche nach London und York, ihre Verwandten lebten dort.
Während dieser Reise schlug meine Stimmung in eine Hypomanie um, man kann es auch leichte Manie nennen.
Wir redeten ausschließlich Englisch und weil ich das recht gut konnte steigerte dies meinen Selbstwert enorm.
Ich verhielt mich aggressiv und gereizt und meine Wahrnehmungs- und Leistungsfähigkeit war erhöht. Meine Freundin tadelte ich unaufhörlich und gab ihr zu verstehen, dass sie dumm sei da sie Probleme mit der Fremdsprache hatte. Es muss sehr hart für sie gewesen sein, denn sie konnte sich nur schwer erholen. Die gesamte Reise über konfrontierte ich sie mit Vorwürfen, was mir im Nachhinein natürlich unendlich leid tat. Sie zog daraus Konsequenzen und wollte zunächst keinen Kontakt mehr zu mir. Nach zwei Monaten entspannte sich die Lage wieder und sie verzieh mir. Der hypomane Zustand schwächte zum Glück relativ schnell ab.
Die Verhaltenstherapie endete im Sommer. Ich durfte meine Therapeutin jedoch den Rest des Jahre anrufen und um Rat fragen, was ich auch in Anspruch nahm.

Im September begann die 12- wöchige Eignungsabklärung für meine gewünschte Ausbildung zur „Kauffrau im Gesundheitswesen“ im SRH Berufsbildungswerk.
Es wurde das Schulwissen der 10. Klasse wiederholt und die Fächer wie Mathematik, Physik, Wirtschaftskunde und Deutsch wurden benotet.
Ich erhielt eine Betreuung durch die dortige Psychologin, mit ihr führte ich Gespräche über meine Leistungen und mein Befinden im Hinblick auf meine Eignung.
Schon nach den ersten Tagen kippte meine Stimmung enorm und ich konnte dem Unterricht kaum Folge leisten. In der Klasse fühlte ich mich schnell als Außenseiterin und verglich mich stark mit den anderen.
Wenn ich nach Hause kam war ich bedrückt und lief in der Wohnung auf und ab.
Eine depressive Verstimmung nahm ihren Lauf.
Meine Abschlussnoten und psychische Verfassung waren am Jahresende sehr schlecht und ich hätte mich so nicht für eine Ausbildung qualifizieren können, aber das wollte ich inzwischen auch gar nicht mehr.

(17-2007) Einzug in WG und berufliche Wiedereingliederung

Im Januar 2007 zog ich in eine Wohngemeinschaft.
Ich hatte mein eigenes Zimmer, Bad sowie Küche teilte ich mit meiner Mitbewohnerin und meinem Mitbewohner. An die Küche schloss sich ein Balkon an, welcher irgendwie von keinem von uns benutzt wurde.
Zu Fuße waren es nur 10min bis zur Neustadt, das war sehr praktisch, weil ich mich gern und oft in diesem Stadtteil aufhielt.
Mir gefiel mein neues Leben, welches sich ausschließlich auf meine Bedürfnisse konzentrierte.
Die Freundin, bei der ich zwei Monate übernachtet hatte, wurde eine gute Wegbegleiterin. Vor allem ihre kleine Tochter schloss ich in mein Herz.
Ich lernte über ein „schwarzes Forum“ eine liebe Frau kennen und freundeten uns an.
Wir unternahmen viel miteinander und ich fuhr zu ihr nach Meißen.
Mit ihr konnte ich wunderbar lachen. Manchmal verfielen wir regelrecht in Lachanfälle. Ich reiste aber auch viel nach Leipzig. Meine geschätzte Freundin pendelte an den Wochenenden von Österreich nach Leipzig um ihren damaligen Freund zu besuchen.
Wir gingen in die Moritzbastei, Villa und Darkflower tanzen.
Vor jeder Begegnung war ich immer sehr stark aufgeregt und konnte es kaum abwarten bei ihr in Leipzig zu sein.
Seit der Trennung von meinem Freund traf ich mich außerdem regelmäßig mit einer Schulfreundin aus der Realschule, die zu dem Zeitpunkt in Freiberg wohnte. Wenn ich in Freiberg war ging ich mit ihr ins Tivoli tanzen oder in den Studentenclub und Erdalchemistenclub. Brieflichen Austausch hielt ich mit meiner einst besten Schulfreundin, die in Erfurt wohnte.
Es war ihr Wunsch gewesen als sie von dem Tod meiner Schwester erfuhr.
Im Mai besuchte ich das erste Mal nach vier Jahren wieder das Wave-Gotik-Treffen, was ich sehr genoss.


Ein Ehrenamt absolvierte ich in einem Behindertenwohnheim der AWO.
Ich betreute die dortigen Bewohner an zwei Nachmittagen.
Mit meiner Therapeutin bereitete ich mich auf die berufliche Wiedereingliederung im August bei Kolping vor.
Meine Stimmung war insgesamt gehoben und ich war sehr ungeduldig mit mir.
Es gab kleine Stimmungsschwankungen. Mit der medikamentösen Einstellung konnte ich allerdings zufrieden sein.
Die Wiedereingliederung sollte zielführend sein für die anschließende Ausbildung zur „Kauffrau im Gesundheitswesen“. Meine Therapeutin wollte mich unbedingt dafür fit machen, obwohl meine Eltern daran zweifelten, weil sie wussten wie viel Kraft mich der letzte Versuch kostete. Wir waren eine kleine Gruppe an Teilnehmern und alle hatten wir eine andere Diagnose, die uns dazu zwang beruflich neu zu beginnen.
Mit einer Teilnehmerin und Teilnehmer fühlt ich mich besonders verbunden und wir trafen uns auch in unserer Freizeit.
Ich verhielt mich unruhig im Unterricht und ließ mich schnell ablenken.
Neben dem Unterricht lernten wir in einer Büro Übungsfirma.
Das erste Praktikum absolvierte ich im Frauenstadtarchiv und transkribierte die Geschichte einzelner Zeitzeugen, die die Bombardierung Dresdens miterlebten. Diese Arbeit machte mir viel Spaß und ich erledigte sie sorgsam. Durch das
Forum eines „Grufti Radios“ erhielt ich zu einem Mann Kontakt für den ich mich bald stark interessierte und wir oft miteinander chatteten und auch telefonierten.
Im Dezember trafen wir uns erstmals bei mir und er blieb für zwei Wochen, der Funke war übergesprungen.

(16-2006) Trennung und Psychotherapie

Im August 2006 trennte sich mein Freund von mir. Ich befand mich noch immer in einer manischen Episode. Ich ging wieder öfter tanzen, entdeckte den Gothic Club „Bunker“ für mich und hatte viel Freizeit, weil ich keiner regulären Beschäftigung nachging. Unser Zusammenleben gestaltete sich deshalb als sehr schwierig.
Zunächst war ich geschockt und traurig, konnte es aber relativ schnell verschmerzen.
Bis November wohnten wir noch zusammen und dann zog ich für zwei Monate zu einer Freundin.

Mit dem Tod meiner Schwester musste für mich eine wichtige Maßnahme ergriffen werden.
Es sollte vermieden werden, dass auch ich einen Suizid beging.
Eine psychotherapeutische Behandlung in Form einer Verhaltenstherapie stand im Sommer an, als die Manie etwas abgeklungen war, und erwies sich als die richtige Entscheidung.
Meine Therapeutin analysierte mit mir mein gegenwärtiges Verhalten, weniger das Vergangene und half mir dabei mich selbst und meine Handlungen zu reflektieren.
Bei Problemen mit Mitmenschen und schwierigen Situationen versuchte sie diese zu entkräften in dem sie mir Erklärungs- und Lösungsansätze anbot. Ich bekam damit eine differenzierte Sichtweise auf die Dinge und dem Umgang damit. Wir machten auch ein Kommunikationstraining, denn ich war immer sehr schnell mit meinen Äußerungen ohne vorher den Inhalt zu bedenken. Ein großes Ziel sollte eine berufliche Wiedereingliederung im Sommer 2007 sein.

(15-2006) Suizid meiner Schwester

Meine Schwester litt auch an einer bipolaren Störung.
Bereits in der Pubertät wurde sie verhaltensauffällig auch wenn es augenscheinlich nicht so stark ausgeprägt war wie bei mir. Sie wirkte sehr verschlossen und sprach nie über ihre Stimmungsschwankungen. Ich bemerkte bei ihre eine wachsende Unzufriedenheit.
Ihre schulischen Leistungen waren hervorragend, doch auf einmal wollte sie nicht mehr so gute Leistungen erbringen und schrieb absichtlich schlechtere Noten.
Mit dem Beginn ihrer Ausbildung zur Hotelfachfrau steigerten sich die Selbstzweifel und schon nach einem Tag brach sie die Lehrstelle ab und damit zwei weitere.
Die nächsten 3 Jahre fand meine Schwester keine Ruhe und Ausgeglichenheit.
Sie war zweimal in stationärer Behandlung und flüchtete von dort.
Meine Schwester hatte mehrere Suizidversuche hinter sich und äußerte oftmals ihre Suizidgedanken. Sie war ebenso wie ich in ambulanter Behandlung und wurde auch medikamentös eingestellt.
Am 15. Februar 2006 nahm sie sich kurz vor ihrem 20. Geburtstag durch eine Strangulation ihr Leben.

(14-2005) Heilerzieherin und depressive Episode

Im Januar 2005 feierten wir meinen 20. Geburtstag. Wir hatten extra eine Location gemietet und ein Catering bestellt. In der Nähe meiner Schwiegereltern fühlte ich mich stets befangen, unser Verhältnis war sehr schlecht, ich wurde von ihnen nie wirklich akzeptiert.

Im Juni standen schließlich die schriftlichen- und mündlichen Prüfungen an.
Ich erzielte durchschnittliche Ergebnisse, mit denen ich nicht zufrieden war und orientierte mich an den Leistungen meiner Mitschüler. Die Hauptsache war aber, dass ich die Ausbildung erfolgreich abschloss.
Im Juli ließ ich mich taufen.
Jetzt wo ich den Abschluss zur Sozialassistentin hatte, war es mir möglich eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin zu machen. Ich hatte lange überlegt und immer wieder gezweifelt ob ich solch eine Fachausbildung angehen sollte, denn ich wusste wie anstrengend dies werden könnte.
Ich würde noch einmal mehr gefordert sein als zuvor, dennoch entschied ich mich dafür und bewarb mich beim DRK. Meine Stimmung kippte bereits vor Beginn der Ausbildung.
Ich fühlte mich unfähig und hatte große Furcht vor dem was mich in der Schule erwartete und entwickelte eine schwere Depression. Gerade mal zwei Wochen hielt ich durch bis ich die Ausbildung abbrach. Ich hielt es nicht aus und ich litt sehr darunter, denn es erinnerte mich an den Abbruch der Ausbildung in Leipzig. Ich sah mich wieder damit konfrontiert, was meine Situation nur verschlimmerte. Mein Freund konnte mir nicht helfen, ich musste da ganz allein durch.
Aus meiner Verzweiflung heraus war ich nicht mehr fähig am täglichen Leben teilzunehmen.
Ich verbrachte den Tag meist im Bett mit grübeln, war vollkommen kraftlos und die kleinsten Aufgaben im Haushalt konnte ich nicht bewältigen. Aus heutiger Sicht hätte ich mich nach kurzer Zeit stationär aufnehmen lassen müssen, jedoch setzte ich mich dem Dilemma zwei Monate aus und natürlich wurde es so kein Stück besser sondern die Depression manifestierte sich.
Im November entschied ich mich endlich zu einer stationären Behandlung.
Durch die Therapien wurde ich körperlich und geistig aktiviert und meine Kraftlosigkeit löste sich etwas. Früh am Morgen musste ich am Morgensport teilnehmen was eine große Herausforderung darstellte. Und was geschah alsbald, weil es zuletzt immer solch eine Wende gab.
Es schloss sich ein manischer Zustand an. Ich blieb bis Februar 2006 auf Station und wurde anschließend eine Zeit lang tagesklinisch weiter behandelt.

(13-2004) Zweites Ausbildungsjahr Sozialassistentin

Mein Schulweg war nun deutlich kürzer. Ich fühlte mich wirklich glücklich mit dem Beginn des Einzugs, jedoch stritten wir schon bald viel miteinander. Für den Haushalt sollte ausschließlich ich verantwortlich sein. Da ich aber einen anstrengenden Schultag hatte, konnte ich dem nicht in dem Maße gerecht werden wie es eigentlich von Nöten war.

Ich möchte noch anführen, dass ich mich in einem Gottesdienst für Jesus entschied und damit zum evangelischen Glauben. In den Ferien fuhren wir nach Thüringen zu einem christlichen Festival.
In unserem Stadtteil besuchten wir regelmäßig den Gottesdienst.
Einmal pro Woche trafen wir uns mit den Geschwister der Gemeinde um miteinander über Glaubensfragen zu sprechen.
Außerdem fand in der Woche ein „Alpha Kurs“ statt in dem es um die Grundlagen des christlichen Glaubens ging.
Es konzentrierte sich also alles sehr stark auf das christliche Leben.
Meine eigenen Interessen konnte ich in dieser Zeit kaum ausleben. Wir gingen selten tanzen und kaum zu Konzerten.
Für meinen Freund war es selbstverständlich, dass ich mich nach ihm richtete.

Das Vertiefungspraktikum stand alsbald an, in einer Förderschule für körperlich- und geistig Behinderte Menschen. Ich war sehr zurückhaltend bei der Einführung in die neuen Aufgaben und traute mir wenig zu. Letztendlich konnte ich mich nicht entfalten sondern beäugte meine Leistung kritisch. Nach außen wirkte ich unsicher und nachdenklich und das sollte bis zur Beendigung des Praktikums im Sommer 2005 so bleiben.

(12-2003) Erstes Ausbildungsjahr Sozialassistentin

Im August 2003 begann meine zweijährige Ausbildung zur Sozialassistentin.
Die Schule befand sich in Dresden, deshalb musste ich jeden Morgen mit dem Zug dahin fahren.
Die Manie war inzwischen etwas abgeklungen und ich konnte mich auf den Unterricht konzentrieren. Ich machte keinen Hehl aus meiner Erkrankung und kommunizierte das ganz offen.
Für meine Mitschüler und auch Lehrer war das nicht wirklich nachvollziehbar.
Sie hatten auf jeden Fall Vorurteile gegenüber meiner Erkrankung, das spürte ich. Anfangs war mir das absolut egal.
Mein erstes Praktikum absolvierte ich in einem Fröbel Kindergarten. Ich hatte Probleme mit der Aufmerksamkeit und war leicht abzulenken, was meinen Kollegen missfiel.
In meiner Freizeit fuhr ich zu einem Mann, mit dem ich mich im Sommer bereits in Leipzig traf.
Dies sollte die letzte Reise jener Art sein und eine ruhigere Zeit brach an.
Ich hatte nach wie vor viel Kontakt zu dem Christen, von dem ich schon sprach.
Wir näherten uns immer mehr an und besuchten weiter Gottesdienste.
Meine liebe Freundin aus Moritzburg lernte auch meine Eltern und Schwester in Freiberg kennen.
Wir sahen uns regelmäßig und das tat mir sehr gut.
Mit dem Beginn des neuen Jahres 2004 endete die manische Episode. Ich fühlte mich ausgeglichener obwohl mein Selbstbewusstsein und Selbstwert sank.
Ich betrachtete mich nun kritischer auch meine schulischen Leistungen, die im Mittelfeld lagen.
Der Unterricht strengte mich an, denn ich hatte oft Kopfschmerzen und fühlte mich schwach.
Das Pendeln von Freiberg nach Dresden machte meine Situation nicht besser.
Ein weiteres Praktika führte mich in ein Wohnheim für Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung. Ich interessierte mich sehr für die Arbeit mit behinderten Menschen und wollte mich darin im zweiten Ausbildungsjahr vertiefen.
Das dritte Praktikum beging ich in einem Pflegeheim in Freiberg. Die pflegerischen Tätigkeiten forderten mich, meist konnte ich den Anforderungen nicht gerecht werden.
Meine Stimmung war gedrückt und ich fühlte mich körperlich geschwächt.

Zu meinem Kumpel entwickelte ich eine große Zuneigung und verliebte mich in ihn.
Im April kamen wir zusammen und führten eine Beziehung.
Er bekam einen Ausbildungsplatz als Gesundheits- und Krankenpfleger in einem Krankenhaus in Radebeul. Von ihm kam der Vorschlag, dass wir doch zusammen ziehen könnten und ich müsse nicht länger hin- und her fahren. Ich stimmte zu und wir bezogen im August unsere gemeinsame Wohnung.

(11-2003) Beendigung der stationären Behandlung

Nach der Entlassung im April führte ich die Bildungsmaßnahme fort.
Ein letztes Praktikum absolvierte ich in einer Werkstatt für geistig und körperliche behinderte Menschen. Es sollte mir für meine Ausbildung zur Sozialassistentin nützlich sein.
Mein Mietvertrag für die Wohnung in Leipzig lief erst im August 2003 aus, deshalb nutzte ich dies um dort Gäste zu empfangen. Zu Pfingsten fand das Wave-Gotik-Treffen statt und ich ließ Leute in meiner Wohnung übernachten, mit denen ich zuvor im Internet Kontakt hatte.
Die Ereignisse überschlugen sich, denn ich war immer auf Achse.
Ich wurde von einer Internetbekanntschaft zum Geburtstag eingeladen und reiste nach Regensburg. Seine Gesangskünste begeisterten mich und er spielte in einer Band.
Gleichzeitig hatte ich einen weiteren Mann über das Internet kennengelernt und wir führten eine kurze Beziehung.
Im Studentenclub in Freiberg sprach ich während des Tanzens einen Mann an und wir tauschten Telefonnummern aus. Wir riefen uns öfter an und es wuchs eine Freundschaft heran.
Mein Kumpel erzählte mir viel von seinem Glauben an Gott und wollte mit mir einen Gottesdienst besuchen, dem war ich nicht abgeneigt auch wenn ich Vorurteile hatte.
Ich erinnere mich wie wir uns vor einem Gottesdienst mit zwei jungen Frauen trafen, die uns begleiteten. Mit einer sympathisierte ich besonders, sie ist bis zum heutigen Tage ein sehr gute Freundin.
Sie studierte damals in Moritzburg Religionspädagogik und ich besuchte sie manchmal im Studentenwohnheim.
Wir teilten beide die Leidenschaft des Tanzens, gerade am Anfang verband uns das enorm.
Ich empfand sie als mein Gegenstück und entwickelte eine große freundschaftliche Liebe zu ihr.
Sie war und ist ein zauberhaftes Wesen und ich bin unendlich dankbar sie an meiner Seite zu wissen.
Ab August sollte ich auf meine schulische Ausbildung fokussiert sein.

(10-2003) Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Eine Aufnahme auf die Depressionsstation war schleunigst erforderlich gewesen.
Die Fachkompetenz der Ärzte schien ungemein groß.
Ab sofort wurde ich mit Lithium behandelt. Dieses Medikament gehört bei der Behandlung der bipolaren Störung zu den wichtigsten und wirksamsten. Es hat auch eine gute antisuizidale Wirkung. Anfänglich traten bei mir die Nebenwirkungen in Form eines Zitterns (Tremor), großem Durstgefühl und Gewichtszunahme auf. Es benötigte die richtige Dosierung.
Ein weiteres Medikament, das Quetiapin, wurde zusätzlich eindosiert wovon ich Mundtrockenheit und ebenfalls eine Gewichtszunahme erlitt. Ich nahm während der Behandlung 10kg zu.
Auf Station war ich sehr lebhaft und distanzlos.
So sprang ich einem Patienten beim ersten Sehen auf den Schoß.
Ich konnte den Ärzten, Therapeuten und dem Pflegepersonal nur schwer folgen. Ich fühlte mich getrieben und total überreizt. Die Musiktherapie und Ergotherapie konnte zunächst nur durch eine Einzeltherapie erfolgen, weil ich in der Gruppe unaufmerksam war und andere ablenkte.
Meine Kleidung wurde vor allem von dem Personal kritisiert. Die Löcher in meinen Strumpfhosen hielten sie für katastrophal. Heutzutage ist so etwas kein Thema mehr, damals schon.
Mein Äußeres wurde meiner Erkrankung zugeschrieben. Das hatte letztendlich aber rein gar nichts damit zu tun. Andere Gruftis trugen auch löchrige Kleidung und hatten deshalb zwangsläufig keine psychischen Probleme.
Ich war es leid mich zu erklären und kümmerte mich nicht um deren Kritik.
Während der Klinikzeit überlegte ich auf welchen Beruf ich Lust haben könnte. Ich wollte im Sommer eine neue Ausbildung beginnen.
Ich weiß auch nicht wie ich es im manischen Zustand schaffte eine Bewerbung an eine Berufsschule für Gesundheit und Sozialwesen in Dresden zu schreiben.
Da ich einen guten Realschulabschluss hatte bekam ich umgehend eine Zusage für die Ausbildung zur Sozialassistentin. Dies war eine realistische Entscheidung gewesen, weil ich die soziale Berufung noch heute ausübe. Es liegt mir viel mehr als die Arbeit im Büro.
Ich blieb für 6 Wochen in der Klinik, die Manie klang in dieser Zeit noch nicht ab.
Die Oberärztin behandelte mich anschließend ambulant.

(9-2002/2003) Zurück in Freiberg

Mitte November zog ich wieder bei meinen Eltern ein. Ich musste Leipzig hinter mir lassen, es ergab sich keine andere Möglichkeit. Da ich im Alter von 17 Jahren noch schulpflichtig war musste ich an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme in Chemnitz teilnehmen.
Mein Vater begleitete mich an meinem ersten Tag. Trotz meiner schweren Depression sollte ich keine Ruhe finden sondern voran schreiten und funktionieren. Es machten sich starke Ängste breit, als ich Anfang Dezember dorthin wechselte. Ich konnte keine Leistung bringen und zu den anderen Teilnehmern bekam ich keinen Kontakt. Von den Fahrten nach Chemnitz und einem 8 Stunden Tag fühlte ich mich ausgezehrt, aber es half nichts ich musste da durch und ließ es über mich ergehen.
Meinen 18. Geburtstag im Januar wollte ich eigentlich nicht feiern, denn ich verspürte eine Scheu gegenüber den Gästen. In meiner Körpersprache war ich wie versteinert und sprach kaum ein Wort.
Anfang Februar schlug die Depression in eine Manie um, das geschah wieder ganz plötzlich.
Wenn man endlich aus dem Dunkel ans Licht kommt ist die Freude riesengroß.
Ich suchte im Internet verstärkt nach Kontakten zu Männern.

Im Februar fuhr ich mit dem Zug nach Köln um mich mit einem Jungen in meinem Alter zu treffen.
Als ich in Köln ankam sprachen mich Punks an und ich schenkte ihnen etwas von meinen Medikamenten und folgte denen in eine Art Obdachlosencafé. Ich musste später feststellen, dass ich beklaut wurde. Einige Tage übernachtete ich im Elternhaus meiner Bekanntschaft und hatten Spaß miteinander.
Allerdings musste er an den Wochentagen die Schule besuchen und so beschäftigte ich mich mit mir selbst und machte Straßenmusik um für die Punks Geld zu sammeln.
Ich war völlig von der Rolle und die Manie steigerte sich, vor allem auch weil ich nur wenig schlief.

Im Rahmen der Bildungsmaßnahme standen Praktika an.
In Freiberg arbeitete ich im Eine Welt Laden und dem Studierendenbüro, jedoch musste ich beide Stellen vorzeitig abbrechen, weil ich mich unmöglich verhielt.
Ich sah die Manie als nicht bedrohlich an sondern empfand den Wechsel wie eine Erlösung von meinem Leid. Nun war die Episode nicht aufzuhalten und ich hatte keine Krankheitseinsicht, was die Behandlung sehr schwierig macht. Ich erfuhr durch meine Psychiaterin kein Verständnis, mir wurde regelrecht unterstellt, dass es eine böse Absicht meinerseits war.
Die Schuld sollte bei mir liegen und ich müsse mich zusammenreißen. Letztendlich wollte sie mich nicht weiter behandeln. Meine Eltern waren im ersten Moment hilflos.
Glücklicherweise stieß meine Mutter auf einen Flyer auf dem die Kontaktdaten von einer Oberärztin der psychiatrischen Institutsambulanz des Uniklinikums Dresden stand.
Diese Anlaufstelle sollte mein Rettung sein. Die Ärztin führte mit mir ein Diagnostikgespräch und stellte mir mit Gewissheit die Diagnose einer bipolaren Störung.
Kurz darauf wies sie mich im März auf die Depressionsstation ein.

(8-2002) 2. Ausbildungsjahr, Beginn einer depressiven Episode

In den Schulferien im August 2002 reiste ich mit meiner ehemaligen Schulfreundin nach Prag.
Ich fühlte mich während dem Urlaub wie im Vollrausch, die Reize überschlugen sich.
Meine Freundin war genervt von mir und konnte meinen Zustand nur schwer nachvollziehen.
Es gab oft Streit und unsere Freundschaft litt darunter. Sie wollte später keinen Kontakt mehr zu mir, was ich im Rückblick sehr gut verstehen kann. Gemeinsam hatten wir auch noch ein Gothic Festival in Glauchau besucht.
Nach den Ferien entwickelte sich gefühlt von jetzt auf gleich eine Depression und die Stimmung schlug um. Die Hirn-Botenstoffe, Dopamin, Noradrenalin und Serotonin sind sowohl bei Depression und Manie abnorm.
Seit meinem letzten Klinikaufenthalt war ich fortlaufend bei einer Psychiaterin in Behandlung.
Sie verschrieb mir die nötigen Medikamente, u.a Olanzapin und führte ein kurzes Gespräch zu meiner aktuellen Stimmungslage.
Ich wurde plötzlich tieftraurig und konnte keine Freude mehr empfinden. Zur weiteren Symptomatik gehörten Antriebslosigkeit, Appetitlosigkeit, anhaltendes starkes Grübeln, Einschlafstörungen und ein schlechter Selbstwert. Ich hatte Mühe beim Sprechen und äußerte stets negative Gedanken. Schließlich stellte ich all meine vermeintlichen Fähigkeiten in Frage und schämte mich für mein Verhalten, wofür ich mir die Schuld gab. Ich wirkte verschlossen, schüchtern und ängstlich. Alltägliche Tätigkeiten fielen mir schwer sogar die Körperhygiene. Ich legte mich oft ins Bett und verspürte eine Gefühllosigkeit.
In der Schule wirkte ich ab sofort teilnahmslos und auffällig ruhig. Ich hatte wieder Probleme mit der Konzentration. Es kostete mich viel Kraft überhaupt im Unterricht zu erscheinen, ich rang mit mir. Ein weiteres Praktikum belegte ich im „Amt für offene Vermögensfragen“ und fühlte mich von Beginn an wie ein Nichtsnutz.
Mitte November entschied ich mich für den Abbruch meiner Ausbildung. Ich hatte keine Kraftreserven mehr und hielt dem Druck nicht länger Stand. Ich brauchte die Unterstützung meiner Familie.
Gern möchte ich erwähnen, dass ich trotz allem mit meiner Schauspielgruppe nach Kamenz zu den Jugendtheatertagen fuhr. Ich spielte die Rolle des „Demetrius“ im Sommernachtstraum.

(7-2002) Die erste eigene Wohnung, der erste Freund

Als ich wieder in Leipzig ankam, hatte ich den außerordentlichen Wunsch in eine eigene Wohnung zu ziehen. Eine Mitschülerin suchte eine Nachmieterin für ihre Unterbringung und ich entschied mich zuzuschlagen. Im März zog ich vom Gästehaus in eine möblierte Wohnung in Plagwitz.
Wenn ich an den Wochenenden nach Freiberg fuhr, besuchte ich jeden Samstag Abend den dortigen Studentenclub um zu tanzen. Gespielt wurde hauptsächlich „Alternative“. Ich hatte zuvor kaum Tanzerfahrungen in Clubs gesammelt. Jetzt sollte das Tanzen eine große Leidenschaft werden, die ich so oft es nur ging ausleben wollte.
Anfang März lernte ich in diesem Club meinen ersten Freund kennen. Er war 14 Jahre älter als ich und studierte BWL. Aufgrund seiner Alkoholsucht musste er das Studium jedoch abbrechen.
Ich sah in ihm meinen Traummann. Sein Interesse an mir machte mich unglaublich Stolz, auch wenn wir uns keinesfalls auf Augenhöhe begegneten. Das spürte ich erst viel später.
Von ihm bekam ich meinen ersten Kuss. Für ihn meldete ich mich krank, denn ich wollte an seiner Seite sein. Er stellte mich seinen Freunden vor und wir gingen zusammen aus. Im „Erdalchemistenclub“ in Freiberg besuchte er regelmäßig einen Boogie Woogie Tanzkurs. Einmal nahm er mich mit dahin und versuchte mit mir zu tanzen, weil ich mich nicht führen ließ brach er ab.
Ich war einfach viel zu ungeduldig um seinen Anweisungen folgen zu können.
Als wir uns gemeinsam das Theaterstück „Mephisto“ ansahen konnte ich mich nicht konzentrieren und sprach andauernd dazwischen. Unsere Liaison dauerte gerade mal 6 Wochen an.
Natürlich war ich viel zu jung für ihn und wir Beide hatten große Probleme, das konnte nicht funktionieren. Ich habe den Kontakt zu ihm nie bereut. Es stellte letztendlich eine wichtig Erfahrung dar.
Ein weiterer Club, das „Darkflower“ in Leipzig, wurde beinahe mein zweites Zuhause.
Hier muss ich anmerken, dass ich mich schon seit der 10. Schulklasse für die Gothic Subkultur interessierte.
Zum Leid meiner Eltern trug ich bei der Abschlussfeier ein schwarzes Samtkleid, Netzstrumpfhosen und Pikes (besonders spitze Schuhe). Sie schämten sich für mich. Zu der damaligen Zeit waren „Gruftis“ noch verschrien und man fiel auf. Ich war von meinem Outfit überzeugt und bin es auch heute, denn ich kleide mich nach wie vor so. In Freiberg gab es einige Szeneanhänger und sogar einen Gothic Laden.
Von Leipzig versprach ich mir den Kontakt zu anderen Gruftis, denn mir war bekannt, dass da zu Pfingsten das größte Szenetreffen der Welt stattfand. Während der Depression zweifelte ich allerdings an meiner Vorliebe und fühlte mich als Grufti „untrue“. Was sich in der Manie schlagartig änderte. Ich liebte das groteske Image der Szene und fühle mich bis zum heutigen Tage zugehörig.
Das „Darkflower“ besuchte ich meist dreimal die Woche, selbst am Mittwoch. In der Schule hing ich nach solch einer Tanznacht durch. Es war mir egal, ich wollte Spaß haben und nicht verzichten müssen. Meine Tanzlaune war unerschöpflich, ich konnte von dem gewonnenen Hochgefühl nicht genug bekommen. Es glich einer Droge wobei ich kaum Alkohol trank, die Manie tat ihr Übriges.
Ich lernte viele Männer kennen mit denen ich Sex hatte, denn eines der Symptome ist eine gesteigerte Libido.
Eine etwas ernstere Beziehung ging ich mit einem Mann ein, den ich im Internet kennenlernte.
Er wohnte in Bonn und besuchte mich erstmals im Juli. Er war immerhin 12 Jahre älter. Ihm ging es eindeutig ausschließlich um den Sex. Ich besuchte ihn zweimal in seiner Heimat. Sobald ich mich im September in einer Depression befand, machte er mit mir Schluss.
Ich lebte über meine Verhältnisse und gab Geld aus was ich nicht hatte. Meine Eltern mussten mir unter die Arme greifen, weil meine Ausbildungsvergütung nicht ausreichte.
Für das Wave -Gotik-Treffen beispielsweise ließ ich mir extra einen Reifrock für 750 DM nähen.
Ich suchte mir gleich zwei Hobbies, den Gesangsunterricht und eine Schauspielgruppe.
Beides lag mir tatsächlich und ich überschätzte mich in diesem Fall nicht.
Von Mitte Februar bis Mitte September erlebte ich also eine exzessive Zeit.

(6-2002) Zurück in Leipzig, Praktikum und Schule

Mitte Februar wurde ich entlassen und trotz manischer Episode führte ich meine Ausbildung fort.
Ich dachte nicht einmal an einen Abbruch, denn ich würde sowieso alles meistern können.
Natürlich überschätzte ich mich damit maßlos, wie auch in anderen Dingen.
Ich sah nirgendwo Barrieren und fühlte mich völlig frei. Ab sofort wollte ich mich so richtig ausleben und das Leben in vollen Zügen genießen.
Schließlich hatte ich noch zwei Wochen im Chefarztsekretariat zu absolvieren. Ich kann leider nichts mehr aus dieser Etappe erinnern. Sicherlich fiel mein verändertes Verhalten auf. Wie gut meine Vorgesetzte letztendlich über meinen Krankenhausaufenthalt Bescheid wusste weiß ich auch nicht.
Ich denke, dass ich mich wohl diesbezüglich mitgeteilt haben muss, in welcher Form auch immer.
Nun stand die neue Abteilung des Krankenhauses an. Ich sollte 6 Monate ein Praktikum im Patientenmanagement absolvieren. Ich erinnere mich, dass ich beim Beginn meiner neuen Arbeit eine Aufgabe anfing, diese nicht beendete und eine nächste durchführte. Ich war vollkommen kopflos bei der Sache, meine Konzentration war eingeschränkt.
Im Endeffekt klappte es wohl doch recht gut, denn ich wurde kaum getadelt.
Zu meinen Aufgaben gehörte u.a. das Aufnehmen und Entlassen der Patienten mittels dem hausinternen Verwaltungsprogramm und Archivierungsarbeiten.
Man sagte mir, dass ich mein Herz auf der Zunge tragen würde. Ich erzählte meinen männlichen Kollegen selbst die intimsten Dinge, die sie eigentlich so nicht wissen wollten.
Ich bemerkte mein Fehlverhalten nicht, meiner Ansicht nach war ich ganz normal und lediglich ehrlich.
Dem Schulalltag konnte ich folgen, es kam aber vor, dass ich auch mal mitten im Unterricht einschlief.
Meine Klassenkameraden wunderten sich über mein offenherziges Auftreten, kümmerten sich aber nicht weiter um mich. Die Lehrer äußerten sich zu keiner Zeit zu meinem Benehmen.
Ich könnte mir vorstellen, dass sie dachten ich würde eventuell Drogen nehmen.
Vielleicht hätte es mir im Nachhinein gut getan, wenn sie nachgefragt hätten und eben nicht schlichtweg weggesehen.

(5-2001/2002) Kinder- und Jugendpsychiatrie Chemnitz

Das Weihnachtsfest und den Jahreswechsel verbrachte ich gezwungenermaßen in der Psychiatrie.
Letztendlich hielt ich mich dort 6 Wochen auf und die Ausbildung musste ich für diese Zeit unterbrechen. Ich konnte den Schulstoff nachholen, weil mir meine Schulfreundin ihre Schulmaterialien auslieh.
Ich durchlebte eine sehr schwere Manie, die trotz einer entsprechenden Medikation nicht abschwächte.
Ein typisches Symptom ist ein vermindertes Schlafbedürfnis, so gab es einige Nächte in denen ich kaum schlief und mich mit dem Personal unterhielt.
Ich stellte beispielsweise fest, dass ich immerzu das Bedürfnis hatte lauthals zu singen und auch kurze sinnfreie Songtexte verfasste.
Dem lag ein gesteigerter Antrieb zu Grunde, den ich nicht regulieren konnte, dies wirkte sich auch auf andere Aktivitäten aus.
Es gab verschiedene Therapieangebote. Ich begeisterte mich für das Tanzen und Trommeln auf der Conga, damit wurde der Grundstein für meine heutige Leidenschaft gelegt.
Mein ungestümes Verhalten stieß beim Pflegepersonal und einzelnen Patienten übel auf.
Ich traf weitestgehend auf Unverständnis, obwohl es ganz klar keine Böswilligkeit war und ich keine Schuld daran hatte. Mit einer Patientin, die an einer Schizophrenie litt und mit mir im Zimmer lag, verstand ich mich richtig gut. Nach der gemeinsamen Zeit in der Klinik besuchten wir einander und unsere Freundschaft hielt ein paar Jahre.
Mit meiner Entlassung im Februar 2002 konnte ich nicht an Stabilität gewinnen.
Es wurde allmählich die Diagnose der Bipolaren Störung erhoben.
Die rechte Medikamenteneinstellung gestaltete sich schwierig.
Da ich bisher keine Erfahrung bezüglich der unterschiedlichen Medikamente hatte, mussten die jeweiligen Psychopharmaka von den Ärzten ausprobiert werden.
Einen wirklichen Erfolg gab es selbst mehrere Monate nach meiner Entlassung nicht.
Meine Erkrankung war nicht in den Griff zu bekommen. Die Manie nahm bis zum Sommer 2002 ihren Lauf. Es sollte eine äußerst turbulente Zeit werden.

(4-2001) Umzug nach Leipzig

Im August zog ich also nach Leipzig. Meine Mutter hatte sich für mich um ein Zimmer in einem ökumenischen Gästehaus gekümmert.
Es war ein Doppelzimmer. Dort wohnte ich zunächst mit einem Mädchen in meinem Alter. Nach einem Monat allerdings zog sie aus und ich hatte meine gewünschte Privatsphäre.
Auf unserer Etage wohnten weitere junge Frauen, die Küche und das Bad wurden von allen genutzt.
Bei meinem Ankommen war ich total überfordert. An diese neue Wohnsituation musste ich mich erst einmal gewöhnen, denn ich hatte vorher keinerlei Vorstellungen davon gehabt.
Ich fühlte mich ausgesprochen depressiv. Meine Gedanken drehten sich ausschließlich um negative Dinge. Rein gar nichts konnte meine traurige Stimmung aufhellen.
Vor dem ersten Kennenlernen der anderen Auszubildenden verspürte ich große Angst.
Wir trafen im Rathaus aufeinander. Ich erfuhr welche Einsatzstellen ich im ersten Ausbildungsjahr durchlaufen würde. Das erste halbe Jahr führte mein Weg in das Klinikum „St. Georg“ in das HNO Chefarztsekretariat. Eine vehemente Unsicherheit, Befangenheit und ein Ohnmachtsgefühl machten sich breit. Ich hatte mich ganz klar übernommen.
Wie sollte ich dem großen Anspruch an die Ausbildung gerecht werden, wo ich doch
überall Probleme sah.
Es fiel mir sehr schwer den Alltag zu strukturieren, oftmals saß ich auf meinem Stuhl und starrte die Raufasertapete an. Ich konnte nichts mit mir anfangen.
Es herrschte das blanke Chaos in meinem Kopf.
Meine Gedanken drehten sich immer wieder um dieselben Themen, die ich regelrecht zerdachte.
Die Grübelei arbeitete stets auf Hochtouren und das strengte mich stark an und die Schwermut nahm zu.
Wie sehr hätte ich deshalb wenigstens geruhsame Nächte gebraucht, aber das war nicht der Fall. Meist lag ich viele Stunden wach und kam auch in der Nacht nicht zur Ruhe.
Nach den Einführungstagen im Rathaus stand mein erster Arbeitstag im Sekretariat an.
Ich musste um 5h aufstehen und mit der Straßenbahn dahin fahren.
Die Chefsekretärin führte mich in den Büroablauf ein. Ich hatte das Gefühl mir nichts merken zu können. Ich konnte mich nicht auf das Wesentliche konzentrieren und sah nur unüberwindbare Hürden.
Meine Aufgaben waren u.a. das Schreiben von OP Berichten und Epikrisen mittels Phonodiktat, somit musste ich das HNO Latein erlernen.
Der jeweilige Arzt las sich den Bericht noch einmal durch um eventuelle Fehler anzumerken.
Manchmal musste ich die Berichte sogar zweimal korrigieren.
Meine Chefin blieb verständnisvoll und erklärte mir die verschiedenen Sachverhalte immer wieder. In der Woche gab es zwei Schultage. Schnell fand ich Vertrauen zu einer Schülerin.
Ich erzählte ihr viel von meinen Ängsten und Bedenken, wirklich erfasst hatte sie meine Lage wohl nicht. Ich klammerte mich an sie, mit ihr redete ich offen.
Dem Unterricht konnte ich relativ gut folgen. Das Schreiben auf der Schreibmaschine lag mir besonders.
Ich schlug mich tatsächlich bis zum Ende der Probezeit durch, denn ich hatte eine gute Beurteilung für mein Praktikum bekommen.
Wie oft dachte ich, die Probezeit niemals bestehen zu können. Aufbauen ließ ich mich dadurch leider noch immer nicht. Die Depression blieb.
Jedes Wochenende fuhr ich mit dem Zug nach Hause. Meiner Familie gegenüber fühlte ich mich als Versagerin. Ich bewertete meine Leistungen viel zu schlecht und die Erfolge spielte ich herunter.
Mein Vater begleitete mich damals zu einer Psychologin. Als wir erfuhren, dass sie keine Medikamente verschreibt verließen wir die Praxis. Einen weiteren Versuch gab es zu diesem Zeitpunkt nicht.
Ich wünschte mir so sehr einen Stimmungsauftrieb zu erlangen.
Und das sollte im Dezember mit dem Beginn der Weihnachtsferien passieren, womit ich keinesfalls rechnete.
Es geschah plötzlich und es entstand langsam ein wohliges und friedliches Gefühl in mir.
Das Grübeln hörte auf und ich konnte positive Gedanken fassen.
Ich schätzte auf einmal das was ich in Schule und Praktikum geschafft hatte.
Schnell steigerte sich mein Selbstbewusstsein ins Unermessliche.
Ich fühlte mich besonders klug und allem und jedem gewachsen. Ich hatte einen krankhaften Rededrang, meine Wortwahl war mitunter ordinär und das Tempo enorm schnell.
Mit Kritik konnte ich überhaupt nicht umgehen und reagierte gereizt.
Ich hatte wieder mehr Appetit und großes Interesse daran mir schöne Kleidung zu kaufen.
In den letzten Monaten gab ich kaum Geld aus und aß sehr wenig.
Kurz vor dem Weihnachtsfest besuchten meine ehemalige Mitschülerin, aus Freiberg, und ich ein Konzert in Chemnitz. Eine Band aus der „Gothic Subkultur“ trat auf und anschließend wurde getanzt.
Mein Vater holte uns schließlich ab.
Aufgrund dieser Veranstaltung steigerte sich die Manie, ab jetzt lief alles komplett aus dem Ruder.
Am nächsten Tag war es dann soweit, ich hyperventilierte und meine Eltern riefen den Notarzt. Ich wurde in die Psychiatrie nach Chemnitz eingeliefert.

(3-1999) Schulzeit nach Klinikaufenthalt

Ich stieg nach den Weihnachtsferien 1998/1999 in die zweite Hälfte der 8. Klasse ein.
Für mich begann damit die reguläre Schulzeit.
Ich wusste im Vorhinein, dass es nicht leicht werden würde, jedoch hatte ich nicht geglaubt, dass mich meine Schulkameraden so sehr mobben würden.
Es hieß immer, dass ich in der Klapse gewesen bin. Ich musste mir das jeden Tag von Neuem anhören. Ich wurde immerzu beschimpft. Niemand setzte sich für mich ein. Ich blieb mit den täglichen Anfeindungen allein.
Leider war ich auch in den Augen meiner Lehrer weiterhin die Kranke, von der Norm Abweichende.
Vor dem Ausbruch meiner Erkrankung war ich eine sehr gute Schülerin gewesen, fleißig und aufmerksam.
Ich sang im Chor und war dort meist die Solistin. Wir hatten mehrere Auftritte.
All diese Wertschätzungen bekam ich ab sofort nicht mehr.
Schließlich mussten meine Eltern mit mir zum Direktor gehen um Hilfe zu bekommen.
Die üblen Beschimpfungen durch meine Mitschüler waren massiv und hielten bis zum neuen Jahrgang an.
Die Schüler, die besonders gemein zu mir waren, verließen glücklicherweise die Klasse.
Seit dem Klinikaufenthalt musste ich regelmäßig eine Psychiaterin aufsuchen.
Sie verschrieb mir ein Medikament, Carbamazepin. Dies wird meist bei Epilepsien eingesetzt.
Außerdem wurde ich mittels eines EEG behandelt, um die Aktivität des Gehirns zu messen.
Wenn ich einen Termin wahrnehmen musste, fühlte ich mich unwohl in meiner Haut.
Ich wollte einfach nur „normal“ sein, ein gewöhnlicher Teenager eben.
Das blieb mir allerdings verwehrt. Eine Normalität, so wie ich sie kannte, gab es für mich nicht.
Ich wurde von der Gesellschaft stigmatisiert und spürte das enorm stark.
Meine Schulleistungen hingegen besserten sich. Ich konnte wieder uneingeschränkt am Unterricht teilnehmen. Das Lernen war kein Problem mehr und meine Stimmung blieb ausgeglichen.
Das 9. Schuljahr konnte ich gut meistern und das Mobbing hatte aufgehört.
Mit dem Ende der 10. Klasse absolvierte ich meinen Realschulabschluss, der Durchschnitt lag bei einer Note von 2,1.
Mit dem Halbjahreszeugnis der 10. Klasse musste ich mich bewerben.
Ich entschied mich für das Berufsfeld „Kauffrau für Bürokommunikation“ und schrieb um die 40 Bewerbungen. Von der (Stadt Leipzig, Rathaus) wurde ich zu einem Eignungstest eingeladen.
Nach dem ich diesen erfolgreich abgeschlossen hatte, ging ich zu einem Vorstellungsgespräch und nach kurzer Zeit erhielt ich die Zusage.
Für mich stand der Entschluss fest, ich wollte die Stelle in Leipzig annehmen und allein dahinziehen.
Meine Eltern rieten mir das ab. Sie meinten, ich solle besser eine Ausbildung in der Nähe wählen.
Ich ließ mich nicht überzeugen und setzte mein Medikament ab und war wirklich der Überzeugung, dass ich es nicht länger brauchen würde.
Das war ein fataler Fehler!
Im August 2001 zog ich in ein „Ökumenisches Gästehaus“, doch bereits kurz vor dem Umzug entwickelte ich eine depressive Episode.
Sie wird mich bis Dezember heimsuchen.

(2-1998) Mein erster Psychiatrieaufenthalt

Von September bis Dezember 1998 war ich in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Wechselburg in stationärer Behandlung.
Die manische Episode schlug dort schnell in eine schwere Depression um.
Das geschah sicherlich auf Grund einer entsprechenden Medikation.
Die ersten zwei Wochen durfte ich nicht an den Wochenenden nach Hause.
Danach holten mich meine Eltern jeden Samstag ab und brachten mich Sonntag Abend zurück in die Klinik.
Es war sehr schmerzlich. Ich war stets tieftraurig.
Ich war in einem Doppelzimmer untergebracht.
Innerlich sträubte ich mich gegen den Psychiatrie Alltag.
Ich musste ein Stimmungstagebuch führen. Oftmals wusste ich nicht wie ich meine Gefühle ausdrücken sollte.
In der Kunsttherapie fiel mir meist kein Motiv zu malen ein und das Auswerten der Zeichnungen war lästig.
Besonders die Saunagänge quälten mich.
Während der gesamten Behandlungszeit besuchte ich die Klinikschule.
Meine Leistungen waren nicht besonders gut. Aufgrund der Depression litt meine Konzentration nach wie vor.
Ende November ging es mir langsam aber sicher besser. Meine Stimmung hob sich und ich gewann an Selbstvertrauen.
Zur Weihnachtsfeier sang ich ein Solo. Ich war zuletzt im Schulchor gewesen.
Ich bekam für mein Singen eine entsprechende Anerkennung durch das Pflegepersonal und das tat mir sehr gut. Es kam sogar ein Fotograf von der Presse und fotografierte mich für einen Artikel.
An die medikamentöse Behandlung kann ich mich im Detail nicht mehr erinnern.
Eine genaue Diagnose konnte dort noch nicht gestellt werden.
Pünktlich zum Weihnachtsfest wurde ich entlassen.

(1-1998) Erstmaliges Auftreten der Erkrankung

Meine erste Depression erlitt ich im April 1998 (13. Lebensjahr) nach einer Englandklassenfahrt.
Ich konnte nicht mehr so gut einschlafen und war andauernd am Grübeln.
Ich behielt diese Anzeichen zunächst für mich und teilte dies meinen Eltern nicht mit.
Natürlich fiel mein verändertes Verhalten bald auf.
In der Schule (7. Klassenstufe, 2. Halbjahr)
hatte ich große Mühe mit der Konzentration auf den Unterricht.
Im ersten Halbjahr erhielt ich noch das beste Zeugnis der Klasse.
Mittlerweile hatte ich Probleme mit dem Lernen für anstehende Klassenarbeiten.
Es kam sogar vor, dass ich ein leeres Blatt abgeben musste.
Mein Selbstwert wurde auch immer schlechter. Ich fühlte mich dumm und hässlich.
Ich schaute immerzu auf meine Klassenkameraden und empfand Neid.
Jeder Andere war besser als ich.
Als der Schlaf nicht in den Griff zu bekommen war, bekam ich ein pflanzliches Schlafmittel.
Die depressive Episode hielt bis zu den Sommerferien an.
Sie löste sich langsam und mit Start in die 8. Klassenstufe schlug die Depression in eine Manie um.
Damals war das völlig unbegreiflich.
Symptome waren beispielsweise ein gesteigertes Interesse an Jungs.
Ich hatte keinerlei Kontakt zu denen gehabt und drängte mich auf, obwohl es nicht gewollt war.
Auf einmal stieg mein Selbstbewusstsein rasant an.
Ich war übertrieben fröhlich und verhielt mich distanzlos zu Mitschülern und Lehrern.
Zu guter Letzt mimte ich vor der gesamten Klasse die Lehrerin und steckte mir Papierkügelchen in den Mund und schluckte sie runter.
Ich verlor vollkommen die Kontrolle über mich und war gereizt.
Eine Lehrerin nahm an, dass ich einen Tumor im Kopf haben könnte.
Meine damalige Klassenlehrerin empfahl meinen Eltern für mich eine psychiatrische Hilfe zu suchen.
Als wir für den Unterricht Bücher in der Bibliothek ausleihen sollten, zog ich es vor wahllos viel Literatur mitzunehmen.
Das war wohl für meine Eltern ein ausschlaggebendes Zeichen, dass es so nicht weiter gehen kann.
Am selben Tag mündete das in eine Katastrophe. Ich war der Meinung meine Luft anhalten zu müssen und wehrte jegliche Hilfe ab.
Daraufhin riefen meine Eltern den Notarzt. Ich kam in die Notfallaufnahme und wurde anschließend in die Kinder- und Jugendpsychiatrie nach Wechselburg verlegt.