Vor geraumer Zeit habe ich mir das Buch „Kopfzerbrechen“ von dem Psychotherapeuten „Olle Wadström“ gekauft und es aufmerksam gelesen.
Da mir in depressiven Episoden ein Grübelzwang vertraut ist, spricht mich die verhaltenstherapeutische Methode an.
Im Alltag jedoch, kann das Grübeln ebenfalls zur Belastung werden.
Der unnötigen Grübelei soll Einhalt geboten werden, deshalb möchte ich lernen dem vorzubeugen und es auch ihnen, dem Leser näher bringen. Es stellt eine Variante der Auseinandersetzung dar.
Hier also der erste Teil meiner Ausarbeitung.
Was ist Grübeln
Wenn wir grübeln, machen wir uns Gedanken. Sich Gedanken zu machen stellt eine Form des Verhaltens dar.
Kognitives Verhalten (nicht unmittelbar von außen erkennbar) – sich Gedanken machen
Motorisches Verhalten (äußerlich wahrnehmbar) – alles was mit unserem Körper zu tun hat
Autonomes Verhalten (ist nicht kontrollierbar) – was in unserem Körper vonstattengeht, bspw. Schlagen unseres Herzens, ein Schweißausbruch
Klassischerweise ist Grübeln eine Art innerer Dialog, eine innere Debatte, bei der man in Gedanken abwägt, welche Möglichkeiten man hat, um etwas zu beeinflussen, zu verändern, vorauszusehen, zu verstehen oder sich auf etwas vorzubereiten. Mitunter ist die Thematik, über die man grübelt, weder in Gedanken noch in der Praxis zu lösen.
Grübeln stellt kein singuläres Verhalten dar, sondern ist eine Reihung mehrerer Aktivitäten; man spricht auch vom Gedankenstrom. Es reihen sich verschiedene Gedanken aneinander – zwei Arten, um genau zu sein, die jede für sich eine eigene Funktion innehat.
Wann grübeln wir
Viele Menschen machen sich Gedanken und grübeln über die Dinge die bereits geschehen sind und die man im Nachhinein klarer sehen will, selbst wenn eine solche Klarheit objektiv nicht realisierbar ist.
Wir grübeln im Zusammenhang mit Situationen, in denen wir die Wahl haben oder einen Beschluss fassen müssen – Entscheidungsangst.
Wir verspüren ein gänzlich unnötiges Unbehagen, das uns vor Gedanken warnt, die in Wahrheit gar keine Gefahren sind.
Gedanken als Auslöser für Angst und Trost
Die Gedanken, die wir uns beim Grübeln machen, haben zwei unterschiedliche Funktionen.
Typ 1 macht uns nervös, verunsichert uns oder schlägt uns aufs Gemüt, fungiert insofern als „Aufrüttler“ oder „Trigger“.
Typ 2 fungiert als „Beruhiger“, „Rückversicherer“ oder „Tröster“. Daher wird Letzterer auch als eine Form von Sicherheitsverhalten betrachtet.
Gedanken die eine Sicherheitsfunktion einnehmen und Unsicherheiten, Ungewissheiten, Besorgnisse, Unbehagen und Zweifel ausräumen sollen, werden im Umkehrschluss beruhigende Gedanken oder Trostgedanken genannt.
Beunruhigende Gedanken können in unterschiedlichsten Gewändern auftreten und jedwedes Thema berühren. Sie beunruhigen, indem sie uns erschrecken, nervös machen. Furcht einflößen, irritieren, provozieren, verwirren, verunsichern, und sie können dazu führen, dass wir uns zutiefst verletzt, beleidigt oder gekränkt fühlen.
Hier ein paar Beispiele für beunruhigende Gedanken:
Katastrophierende Gedanken
– Was, wenn ich die Prüfung nicht bestehe
Gedanken des Zweifels und der Unsicherheit
– Vielleicht liebt er mich nicht mehr?
Existenzielle Fragen
– Gibt es einen Sinn im Leben?
Selbstanklage
– Hat er wirklich begriffen, was ich ihm sagen sollte?
Vergleichsgedanken (und Eifersuchtsgedanken)
– Immer kriegen die anderen was Besseres und ich das Schlechteste
Trostgedanken:
Typ 2 – der Trostgedanke
Er ist dem beunruhigenden Gedanken komplementär entgegengesetzt. Er vertreibt vorübergehend das unangenehme Gefühl. Anstatt zu verschrecken verhelfen Trostgedanken zu Erklärungen, zu Auswegen, Gegenmaßnahmen, Schutz vor Gefahren, zur überzeugenden Argumenten oder Möglichkeiten, um ein Problem zu beheben. Trostgedanken sind äußerlich nicht wahrnehmbare Sicherheitsmaßnahmen, die vorübergehend für Wohlergehen und ein beruhigendes Gefühl sorgen.
Der Motor des Grübelns
Verstärkung
Aus der Verhaltensforschung und -analyse ist bekannt, dass bewusst kontrollierbares Verhalten durch Verstärker gefördert wird.
Als Verstärker dient alles, was als positive oder angenehme Folge einer Handlung empfunden wird und somit einen Anreiz für die Fortdauer der Handlung schafft. Der Verstärkereffekt tritt stets nach der Handlung ein, die gefördert werden soll.
Oder anders:
S—————- R————— K
Starter/Auslöser Reaktion/Handlung (angenehme) Konsequenz/Verstärker
Die angenehme Konsequenz (K) verleitet dazu, die Handlung erneut auszuführen, d.h. die Reaktion (R) zu verstärken. Die Verstärkung (K) erhöht Mal ums Mal die Wahrscheinlichkeit, dass die Handlung (R) wiederholt wird. Wenn beispielsweise ein Kind seilspringt (R) und Spaß dabei hat (K), wird das Kind umso häufiger seilspringen. Das Verhalten „Seilspringen“ wird verstärkt.
Das Premack Prinzip
Die Verhaltensweise, die vom selbststärkenden Verhalten abgelöst wird, wird folglich ebenfalls verstärkt, fortgeführt und wiederholt. Dieses Phänomen ist unter dem Namen „Premack Prinzip“ bekannt.
Ein Beispiel dazu: Pelle muss erst sein Zimmer aufräumen, bevor er Fußball spielen darf. Mit der Zeit räumt er zusehends gern sein Zimmer auf, weil das Fußballspiel das Aufräumen verstärkt hat:
Verhaltensweise Verstärkung
S————— R———— K
Zimmer aufräumen Fußball spielen
Auf die gleiche Art und Weise verstärkt ein beruhigender, tröstlicher Gedanke einen vorangegangenen beunruhigenden Gedanken. Das bevorzugte Verhalten verstärkt somit das weniger bevorzugte Verhalten.
S————— R—————- K
beunruhigenden Gedanken (beruhigenden) Trostgedanken nachhängen
nachhängen
Wenn Pelle beunruhigenden, unangenehmen Gedanken nachhängt (R) und sich unmittelbar danach (beruhigenden) Trostgedanken (K) widmet, wird der ursprüngliche beunruhigende Gedanke (R) verstärkt. Die Handlung „Trostgedanken nachhängen“ (K) fungiert gemäß Premack als Verstärker des beunruhigenden Gedankens (R).
Wir wollen zwar keine quälenden Gedanken haben doch auf die tröstlichen, beruhigenden Gedanken wollen wir nicht verzichten. Wir kommen nicht über unsere beruhigenden Gedanken hinweg. Um auch nur den Hauch von Sicherheit zu empfinden, den uns ein Trostgedanke beschert, müssen wir erst durch ein tiefes Tal gehen. Trostgedanken verstärken die beunruhigenden Gedanken und die Startimpulse/Auslöser. Dabei spielt es keine Rolle, dass die beunruhigenden Gedanken an sich unbehaglich und mitunter quälend sind. Die Verstärkung fördert sie in Häufigkeit und Variation.
Die Verhaltenskette
Ein Beispiel:
Sie sitzen in ihrem Büro und chatten, schreiben ihre Nachricht und schicken sie ab (R1). Die Antwort, die sie erhalten, fungiert als Verstärker (K1) wie auch als Startimpuls (S2) und bedeutet ihnen zurückzuschreiben (R2). Die nächste Antwort (K2) wird wiederum zum Signal (S2), erneut zurückzuschreiben usw.
Grübeln ist eine Aneinanderreihung oder Kette mehrerer Gedanken. Das Grübeln besteht aus beunruhigenden Gedanken (R) einerseits und Trostgedanken (K) andererseits. Trostgedanken sind sowohl Verstärker der beunruhigenden Gedanken als auch Startimpulse (S), die den nächsten beunruhigenden Gedanken (R2) auslösen. Von den Trostgedanken (K) wird das Grübeln angetrieben.
Konditionierung
Was in unserem Körper vor sich geht, wenn wir Angst haben, Panik bekommen, wütend werden oder gestresst sind, ist eine sogenannte Sympathikusreaktion: Der Körper bereitet sich auf eine Flucht-oder-Kampf-Situation vor, um zu überleben.
Die Sympathikusreaktion ist eine „Mobilisierungsreaktion“, die im Zusammenspiel etwa mit Unsicherheitsgedanken zu Angst/Panik oder kombiniert mit Zorngedanken zu Wut/ Aggressivität, führt.
Eine angstverringernde Sicherheitsmaßnahme, wie etwa Vermeidung oder Flucht, führt dazu, dass man nur umso mehr Angst vor dem entwickelt, was man zu vermeiden oder wovor man zu fliehen versucht. Die Angst wird jenem Umstand angelastet, den man in einer solchen Situation hinter sich lässt oder vor dem man sich (vermeintlich) schützt, auch wenn dieser Umstand selbst ursprünglich gar nicht angsteinflößend war.
Dieser Umstand wird in Zukunft automatisch – oder genauer: konditioniert – Angst auslösen, damit trainiert man sein vegetatives Nervensystem, vor etwas Angst zu haben, was zuvor neutral besetzt war oder als ungefährlich empfunden wurde. Dies ist die klassische Konditionierung, in dem ein zuvor vollkommen neutraler Reiz zu einem bedingten Reiz, einem Auslöser „Trigger“ für Angst geworden ist.
Wenn man grübelt, versucht man, sich mithilfe von Trostgedanken von seinen beunruhigenden Gedanken abzuwenden. Doch genau dies bewirkt, dass man Angst vor seinen beunruhigenden Gedanken entwickelt. Mittels Konditionierung wecken die beunruhigenden Gedanken somit nach und nach ganz automatisch Unbehagen. Indem wir
durch Trostgedanken gegensteuern verstärken wir diese nur umso mehr, und sie werden umso unangenehmer, erschreckender, quälender.
Generalisierung
Indem man Sicherheitsmaßnahmen ergreift, um dem Objekt seine Angst zu entfliehen, entwickelt man im selben Zuge Angst vor vergleichbaren Objekten. Die Angst „färbt ab“ auf alles, was auch nur vage an das ursprüngliche Angstobjekt erinnert. Dieses Phänomen nennt man Generalisierung.
Sie sorgt obendrein dafür, dass auch „verwandte“ Gedanken mit Angst besetzt werden.
Das menschliche Gehirn vermag alte Erfahrungen und Erinnerungen mit aktuellen Gedanken in Verbindung zu bringen und zu verknüpfen. Dieser Umstand – gepaart mit Generalisierung – kann dazu führen, dass der Inhalt sich immer weiter vom ursprünglichen Auslöser entfernt. Zu guter Letzt führen vollkommen unlogische Gedanken dazu, dass es uns schlecht geht, selbst wenn wir uns Vernunft eingestehen, dass unsere Vorstellungen komplett irreal sind.
Das Grübeln überwinden
Extinktion
Es sind die Trostgedanken, die Verstärker, die wegfallen müssen, damit das Spiel ein Ende findet – und damit auch das Grübeln. Indem der Grübler von jedwedem Trostgedanken absieht, kann er die beunruhigenden Gedanken überwinden und letztlich löschen (= Extinktion).
Es reicht hierbei nicht seine Denkmuster zu verändern, wenn dies nicht mit Veränderungen im äußerlichen Verhalten einhergeht. Die Extinktion muss auf allen Ebenen erfolgen.
Aushalten
Man sollte nicht davon ausgehen, dass die beunruhigenden Gedanken der Wahrheit entsprechen, sie jedoch wahr sein könnten. Indem wir diese Unsicherheit aushalten und das Unbehagen zulassen, das diese Vorstellung in uns wachruft, sie weder infrage stellen noch versuchen, ihr etwas entgegenzusetzen, bereiten wir den Boden für die Extinktion beunruhigenden Gedanken.
Exposition und Reaktionsverhinderung
Bei Zwangsstörungen und Angsterkrankungen wird in der Verhaltenstherapie auf Konfrontation gesetzt, d.h. der Patient wird damit konfrontiert (oder exponiert), was ihm Angst macht, ohne dass er sich dagegen in irgendeiner Weise absichern darf. Diese Methode nennt sich Exposition und Reaktionsverhinderung (Vermeidung von Rückversicherungsverhalten).
Die Gewöhnung (oder Habitutation) kann nur dann eintreten, wenn man sich eingesteht, Angst zu empfinden, und sich jeder Sicherheits- oder Schutzmaßnahme verweigert.
Das Nervensystem reagiert dadurch zusehends mit weniger Angst.
Trostgedanken identifizieren
Es ist gewiss leichter, seine beunruhigenden und angstbesetzten Gedanken zu identifizieren, als dies bei Trostgedanken der Fall ist. Beunruhigende Gedanken erkennt man schließlich daran, dass sie Unbehagen hervorrufen, während die Wirksamkeit von Trostgedanken – die Sorgen zu lindern – weniger klar wahrnehmbar ist.
Trostgedanken treten in unterschiedlichster Form auf. Was sie jedoch alle gemein haben, ist ihre Funktion als Sicherheitsmaßnahme – in Gestalt von Flucht oder Vermeidung der Angst und Unsicherheit.
Beispiele für Trostgedanken
– Logisch gegenargumentierende Gedanken, wie etwa Überlegungen zur Wahrscheinlichkeit.
– „Gesichtsklitterung“: „Was, wenn ich dies und jenes getan hätte?“ , oder: „Warum habe ich nicht…?“
– Rachegedanken: kreisen um Rache, Wiedergutmachung oder die Hoffnung, jemandem zu schaden.
– Wunschdenken: Genau wie Tagträume trösten sie, indem sie einem vorgaukeln, dass alles gut würde, wenn nur dies und jenes einträfe.
– Erklärende Gedanken versuchen, die Frage nach dem Warum zu beantworten. Sie macht man sich um Zweifel und Unsicherheiten auszuräumen.
Spontanes Ende des Grübelns
Mit dem Grübeln kann urplötzlich Schluss sein, ohne das der Grübler aktiv etwas unternimmt. In einem solchen Fall hat die Person, ganz ohne sich dessen bewusst zu sein, die Trostgedanken spontan eingestellt. Für gewöhnlich geschieht dies, wenn man des Grübelns derart überdrüssig wird, dass man die Umstände von ganz allein hinnimmt und seine Situation akzeptiert, wenn man aufgibt.
Entscheidend ist hier, dass man nicht versucht hat, den Inhalt seiner beunruhigen Gedanken zu verändern, sondern dass man sie als solche anerkennt, ganz gleich, wie unangenehm sie sein mögen. Erst wenn man den Versuch einstellt, die beunruhigen Gedanken zu bekämpfen, kann die Gegenkonditionierung einsetzen, und die konditionierten Angstgedanken verlieren ihren Schrecken.
Vorbedingungen differenzieren
Gewisse äußere Umstände beeinflussen die Triebkraft eines Verstärkers und somit die Motivation zu einem bestimmten Verhalten. Abhängig von gewissen Umständen oder Vorbedingungen kann die Bereitschaft für ein bestimmtes Verhalten steigen. Hinsichtlich des Grübelns ist Angst eine solche Vorbedingung. Je stärker die Angst während des Grübelns vorhanden ist, umso kraftvoller wird die Verstärkung durch die Trostgedanken und desto schwerer fällt es, mit dem Grübeln aufzuhören. Wenn Angst – als Vorbedingung – aber gar nicht erst vorhanden wäre, würden die Trostgedanken die Hinwendung zu beunruhigen Gedanken auch nicht verstärken, und eine vorübergehende Erleichterung der Angst fände erst gar nicht statt.
Grübeln, das in Abwesenheit von Angst geschieht, kann schlicht und ergreifend als Problemlösung bezeichnet werden.
Abgesehen von der Sympatikusreaktion können aber auch noch andere Umstände Trostgedanken zu umso kraftvolleren Verstärkern machen. Die Motivation zu grübeln kann beispielsweise durch gewisse Überzeugungen, eine Weltanschauung oder Hintergrundinformationen gesteigert werden, die die Funktion der Vorbedingung einnehmen.
Verändernswerte Gedanken
Ein Gedanke, eine Fehlinformation oder Fehlinterpretation kann als Vorbedingung fungieren, wenn sie mittels logischer Herleitung dazu beiträgt, vor etwas Ungefährlichem Angst zu entwickeln.
Fehlinformationen an sich können keine beunruhigenden Gedanken heraufbeschwören und insofern auch nicht selbst zu beunruhigenden Gedanken werden. Allerdings tragen sie dazu bei, dass Sicherheitsbedürfnis zu schützen. Derlei Fehlinterpretationen können und müssen korrigiert werden.
Wenn aber eine Vorstelllung direkt oder aus sich heraus beunruhigende Gedanken wachruft oder Angst heraufbeschwört – als bedingter Reiz – , darf man sie auf keinen Umständen korrigieren, ganz gleich, wie unangenehm sie sein mag. Das Resultat wird ein Trostgedanke sein und umgehendes Grübeln.
Beispiele für den Unterschied zwischen Vorbedingungen und Angst auslösenden Gedanken:
1. Vorbedingungen (Fehlinformationen, die korrigiert werden müssen)
2. Angst auslösende Gedanken (bedingte Reize; hier ist statt der Korrektur eine Exposition angeraten)
1. Aids überträgt sich durch die Luft.
2. Unter Garantie ist die Luft infektiös, nachdem hier so viele Leute unterwegs sind, die …
1. Von Karotten kriegt man Krebs.
2. Bestimmt habe ich Krebs, weil ich mein ganzes Leben lang so viele Karotten gegessen habe.
1. Männer mit blauen Augen sind untreuer als Männer mit braunen Augen.
2. Mein Mann ist mir bestimmt untreu.
Dies ist ein Versuch neue Vorbedingungen zu etablieren. Die Trostgedanken sollen nicht mehr annähernd so verlockend sein wie zuvor, vor allem das Aushalten des Unbehagens soll verstärkt werden. Es soll letztendlich eine Abkehr von Trostgedanken verstärken, auch wenn dies zur Folge haben mag, dass die Angst zunächst ansteigt.
Drei Aussagen stellen entscheidende Vorbedingungen dar, damit dem Grübeln ein Ende gesetzt werden kann.
1. Trostgedanken fördern und vermehren beunruhigende Gedanken.
2. Trostgedanken mögen unmittelbar zu einer vorübergehenden (leichten) Linderung führen, gleichzeitig aber dienen sie als Auslöser für neue und zahlreichere beunruhigender Gedanken.
3. Trostgedanken tragen dazu bei, dass aus beunruhigen Gedanken bedingte Reize werden. Mit der Zeit rufen sie nur umso mehr Unbehagen hervor, automatisieren und verschlimmern die Angst und erhöhen deren Frequenz.
Hilfsmittel und „Kniffe“ für die richtige Behandlung
Akzeptanz
Man muss seine beruhigenden Gedanken als wahr oder möglicherweise wahr akzeptieren und die Sorge hinnehmen, die jene Akzeptanz mit sich bringt. Es passiert nicht unmittelbar, dass man sich an seine Ängste gewöhnt. Dies klingt als würde man sich passiv in eine Situation ergeben, dabei ist Akzeptanz viel mehr als eine aktive Handlung gemeint. Sich gleichgültig zu verhalten und ihnen nichts entgegenzusetzen kann durchaus schwierig sein. Die Gedanken von außen betrachten und keiner Bewertung unterziehen, in Kauf nehmen, dass es mir eine Weile schlechter geht.
Worst – Case – Technik
Die beunruhigenden Gedanken potenzieren und dem etwas Schlimmeres entgegensetzen und sie im Vergleich verblassen lassen.
Die Gedanken proaktiv mit Worst – Case Attributen, die ihn noch schlimmer erscheinen lassen notieren. Der Trostgedanke soll blockiert werden.
Man überexponiert sich dem Worst – Case, sodass er durch Gegenkonditionierung an Schrecken verliert.
Versuchen sie nicht zu verstehen, was ihnen Angst macht.Versuchen sie, ihre Lage zu ertragen un mit Ungewissheit umzugehen.
Gegenwärtigkeit
Die Achtsamkeit gilt als Instrument, um eine Expostition korrekt anzuwenden. Es ist eine Methode, die verhindert, dass man in Gedanken vor seinen Ängsten flieht. Achtsam – oder gegenwärtig – verhält man sich, indem man sich der Ablenkung und mentalen Flucht vor einem angstbesetzten Gedanken, Gefühl oder einer Situation widersetzt. Gegenwärtigkeit bedeutet, an seinem beunruhigenden Gedanken festzuhalten, ihn gewissermaßen „von außen“ zu betrachten, sich von ihm ängstigen und provozieren zu lassen, um der Angst mittels Gegenkonditionierung zu begegnen.
Korrekt ausgeführt, fixiert die Gegenwärtigkeit die Angst im Hier und Jetzt.
Gedankliche Entkoppelung (Defusion)
Die gedankliche Entkoppelung ist eine Methode, um eine neue, ausbalancierte Sicht auf die eigenen beunruhigenden Gedanken einzunehmen, ohne dabei zu versuchen, sie zu ändern oder zu bewerten.
Den Gedanken so nehmen wie er ist, verwechseln sie ihn niemals mit der Realität; er ist bloß Teil ihrer Realtität. Durch gedankliches Entkoppeln lässt man zu, dass man sich mit einem Gedanken auseinandersetzt, ohne sich ihm auch nur im Geringsten zu widersetzen. Die Technik verhindert Trostgedanken, weil sie damit unvereinbar ist, sprich: ein inkompatibles Verhalten darstellt.
Fatalismus
Als Fatalist ist man davon überzeugt, dass man nichts, was je passiert, beeinflussen kann; dassdas Schicksal alles vorbestimmt. Für den Fatalisten hat nichts, was er tut, eine tiefgehende Bedeutung.
Jedes Sicherheitsverhalten läuft ins Leere – warum es überhaupt versuchen. Was immer man unternimmt – nichts im Leben ist unveränderbar oder abwendbar.
Auch fatalistische Gedanken können als Trostgedanken fungieren.
Grübeln in speziellen Alltagskontexten
Religiöses Grübeln
Auch lebensanschauliche Fragen können ein Einfallstor für Grübeleien sein: die Frage, ob es einen Gott gibt; wie man sein Leben leben sollte.
Gibt es ein Leben nach dem Tod? Der Sinn des Lebens, Hungersnöte, globale Erwärmung – all das kann Sorgen hervorrufen und zu Grübeleien führen.
Auf existenzielle Fragen gibt es keine eindeutige, ja womögliche gar keine Antwort. Es liegt quasi in der Natur, dass es nicht die eine, sondern möglicherweise viele Antworten gibt, und diese Antworten sind von Ungewissheit gekennzeichnet. Mitunter kann ein solch „philosophisches“ Grübeln dazu führen, dass man sich in Momenten der Klarheit überaus weise fühlt.
Die ist ein erhebendes Gefühl, folglich ein Verstärker – und die „Würze“ für weiteres Philosophieren, weitere spirituelle Grübeleien.
Entscheidungsangst
Im Grunde ist Entscheidungsangst das Resultat von Grübeln im Angesicht einer Wahl.
Hat man Schwierigkeiten einen Entschluss zu fassen, was in vielen Fällen nur zu verständlich ist, kann das Grübeln hinsichtlich einer Wahlentscheidung dem vorübergehenden Vermeiden und Aufschieben der Wahl dienen. Unser Gehirn hilft uns dabei, potenzielle Gefahren vorauszusehen, wann immer uns eine Entscheidung bevorsteht und eine Wahl erforderlich ist, die Veränderungen mit sich bringen könnte. In diesen Momenten tauchen beunruhigende und angstbesetzte Gedanken auf.
Entscheidungssituationen sind wie geschaffen für Grübeleien, weil es kaum je eine „richtige“ Entscheidung geben kann. Jede potenzielle Entscheidung hat ihre Vor- und Nachteile, und man die „bessere“ Wahl getroffen hat, nicht mal im Nachhinein. Je mehr Aspekte man in seine Wahl mit einbezieht, umso schwieriger wird es, sie zu überblicken. Je länger man sich mit ihr beschäftigt und Vor- und Nachteile abwägt, umso mehr neue Aspekte fallen einem ein, und je mehr Aspekte man in Betracht zieht, umso mehr wird man vor der Entscheidung zaudern.
Erwartungsangst
Nicht nur die Entscheidungsangst, auch die sogenannte Erwartungsangst kann das Resultat von Grübeleien sein; beide sind eng miteinander verwandt.
Die Erwartungsphase ist durch anhaltendes Grübeln geprägt, durch das die Angstgedanken zu einer immer größeren Besorgnis beitragen, je näher das angstbesetzte Ereignis rückt. Die Trostgedanken kreisen um Vermeidungsstrategien: Soll ich nicht doch Nein sagen? Soll ich mich krankmelden oder irgendeinen anderen Hinderungsgrund vorschützen? Mit jeder Wiederholung dieses Musters steigt die Angst.
Erwartungsangst ist im Grunde eine „vorauseilende Angst“, die allein auf Gedanken zu einem Ereignis beruht, das nicht mal eingetroffen ist.
Schlusswort:
„Oft jagt uns die Intelligenz mit ihrem nie endenden Gedanken-, Ideen- und Vorstellungsstrom regelrecht Angst ein. Die Intelligenz eröffnet uns sogar die Möglichkeit, im Geiste gegen Dinge anzukämpfen, die nicht bekämpft werden können. Diese Umstand ist die Grundvoraussetzung dafür, dass wir grübeln.
Insofern könnte man sagen, dass sich beim Grübeln unsere Intelligenz gegen sich selbst wendet. Sie ängstigt und beruhigt gleichermaßen.
Das Grübeln ist der vergebliche Versuch, den Zweifel auszuräumen.“
Ich hoffe, dass ich den Sachverhalt verständlich rüber gebracht habe.
An manchen Stellen habe ich es eventuell etwas zu professionell beschrieben.
Am Ende soll es jedoch vorrangig eine Einführung in die Thematik sein.
Quelle: Wadström, Olle; 2018; Kopfzerbrechen; 2. Auflage; Paderborn


















































