Ich stieg nach den Weihnachtsferien 1998/1999 in die zweite Hälfte der 8. Klasse ein.
Für mich begann damit die reguläre Schulzeit.
Ich wusste im Vorhinein, dass es nicht leicht werden würde, jedoch hatte ich nicht geglaubt, dass mich meine Schulkameraden so sehr mobben würden.
Es hieß immer, dass ich in der Klapse gewesen bin. Ich musste mir das jeden Tag von Neuem anhören. Ich wurde immerzu beschimpft. Niemand setzte sich für mich ein. Ich blieb mit den täglichen Anfeindungen allein.
Leider war ich auch in den Augen meiner Lehrer weiterhin die Kranke, von der Norm Abweichende.
Vor dem Ausbruch meiner Erkrankung war ich eine sehr gute Schülerin gewesen, fleißig und aufmerksam.
Ich sang im Chor und war dort meist die Solistin. Wir hatten mehrere Auftritte.
All diese Wertschätzungen bekam ich ab sofort nicht mehr.
Schließlich mussten meine Eltern mit mir zum Direktor gehen um Hilfe zu bekommen.
Die üblen Beschimpfungen durch meine Mitschüler waren massiv und hielten bis zum neuen Jahrgang an.
Die Schüler, die besonders gemein zu mir waren, verließen glücklicherweise die Klasse.
Seit dem Klinikaufenthalt musste ich regelmäßig eine Psychiaterin aufsuchen.
Sie verschrieb mir ein Medikament, Carbamazepin. Dies wird meist bei Epilepsien eingesetzt.
Außerdem wurde ich mittels eines EEG behandelt, um die Aktivität des Gehirns zu messen.
Wenn ich einen Termin wahrnehmen musste, fühlte ich mich unwohl in meiner Haut.
Ich wollte einfach nur „normal“ sein, ein gewöhnlicher Teenager eben.
Das blieb mir allerdings verwehrt. Eine Normalität, so wie ich sie kannte, gab es für mich nicht.
Ich wurde von der Gesellschaft stigmatisiert und spürte das enorm stark.
Meine Schulleistungen hingegen besserten sich. Ich konnte wieder uneingeschränkt am Unterricht teilnehmen. Das Lernen war kein Problem mehr und meine Stimmung blieb ausgeglichen.
Das 9. Schuljahr konnte ich gut meistern und das Mobbing hatte aufgehört.
Mit dem Ende der 10. Klasse absolvierte ich meinen Realschulabschluss, der Durchschnitt lag bei einer Note von 2,1.
Mit dem Halbjahreszeugnis der 10. Klasse musste ich mich bewerben.
Ich entschied mich für das Berufsfeld „Kauffrau für Bürokommunikation“ und schrieb um die 40 Bewerbungen. Von der (Stadt Leipzig, Rathaus) wurde ich zu einem Eignungstest eingeladen.
Nach dem ich diesen erfolgreich abgeschlossen hatte, ging ich zu einem Vorstellungsgespräch und nach kurzer Zeit erhielt ich die Zusage.
Für mich stand der Entschluss fest, ich wollte die Stelle in Leipzig annehmen und allein dahinziehen.
Meine Eltern rieten mir das ab. Sie meinten, ich solle besser eine Ausbildung in der Nähe wählen.
Ich ließ mich nicht überzeugen und setzte mein Medikament ab und war wirklich der Überzeugung, dass ich es nicht länger brauchen würde.
Das war ein fataler Fehler!
Im August 2001 zog ich in ein „Ökumenisches Gästehaus“, doch bereits kurz vor dem Umzug entwickelte ich eine depressive Episode.
Sie wird mich bis Dezember heimsuchen.