Das Weihnachtsfest hatte immer einen großen Stellenwert in meinem Leben. Bis zu meinem 13. Lebensjahr hatte ich eine recht schöne Kindheit. Meine Schwester und ich sangen an Heiligabend für die Familie, ein kleines Programm wurde von uns geboten. Was waren wir aufgeregt, ich schminkte uns im Vorhinein, denn wir wollten besonders hübsch aussehen. Wir liebten es die Eltern, Großeltern und Onkel zum Schmunzeln zu bringen. Später dankte es uns Mutti im Gewand des Weihnachtsmannes. Wir glaubten relativ lange an den Weihnachtsmann. Unsere Mutter meinte dann immer sie müsse Wäsche aufhängen gehen, schließlich wollten wir wohl einfach nicht weiter darüber nachdenken.
Zum Abendbrot gab es Kartoffelsalat und Bratwurst und das mundete mir sehr, alles schmeckte an solch einem bedeutenden Tag gleich viel besser. Die Bescherung erfolgte nach dem Essen und reihum mussten alle kundtun ob sie auch artig waren. Manchmal bekam Opa die Rute zu spüren, denn einen musste es ja treffen. Ach ja, was war das für eine freudvolle Zeit voller Harmonie und gegenseitiger Liebe. In der Weihnachtszeit empfand ich die Welt als heil und vollkommen sorgenlos.
Mit dem ersten Aufenthalt in der Psychiatrie änderte sich meine Sicht auf die Dinge schlagartig, es fand ein tiefer Riss in mir statt. Die Depression verstärkte sich, wenn ich ich mich über Weihnachten in einer Episode befand. Ich verbrachte 1998, 2002, 2005, 2012, und 2017 das Fest in der Psychiatrie. Es war grausam und ich fühlte mich verloren, todtraurig und unter einer großen Anspannung. Ich erlebte die Depression in einer solch großen Intensität wie ich sie zu keiner anderen Zeit kannte. Mein Gefühlsleben passte so gar nicht zum Fest der Liebe.
Ich konnte nichts Schönes sehen und um mich herum grinsten die Menschen um die Wette, was mich nur noch weiter zu Boden sinken ließ. Ich beneidete sie um ihre augenscheinliche Unbeschwertheit. Wenn mich meine Familie nach Weihnachtswünschen fragte konnte ich nichts antworten, denn ich hatte keinerlei Wünsche und Freude darüber schon gar nicht. Auch die größten Köstlichkeiten konnten mich nicht reizen, denn ich litt an einer andauernden Appetitlosigkeit. Ich sang auch keine Weihnachtslieder mehr, zumindest nicht aus vollem Herzen. Der Gesang war eher starr und ohne jegliche Emotionen. An eine spezielle Weihnachtsstimmung auf Station kann ich mich nicht erinnern.
Die stabilen Jahre versprachen immer ein fröhliches Weihnachtsfest. Ich liebe es die Wohnung ganz traditionell zu schmücken, vor allem die Figuren aus meiner Kindheit hüte ich und erfreue mich an ihrem Anblick. Mit meiner Bekehrung bekam Weihnachten allerdings eine neue Bedeutung. Es richtet sich wirklich auf die Geburt Jesus Christus aus. Ich genieße die stille Zeit und das zur Ruhe kommen sehr. Zu Heiligabend bin ich am Liebsten mit Christian bei meinen Eltern. Wir machen uns es dann richtig schön gemütlich und ich schätze unser Beisammensein enorm. In diesem Jahr kommen sie zu uns auf Besuch und darauf freue ich mich schon. Am zweiten Feiertag geht es dann gewöhnlich zu meinen Schwiegereltern.
Ich denke, dass mir Weihnachten übersteigert von Bedeutung ist, weil ich so oft auf eine normales Fest verzichten musste. Die Sehnsucht nach einer Glückseligkeit ist dann riesig groß. Nun beginnt erst einmal die Vorweihnachtszeit und langsam stimme ich mich ein, in dem ich weihnachtliche Gedichte und Geschichten von meinen Lieblingsautoren lese. Es ist so kostbar deren Blick auf Weihnachten zu ergründen und sich nach den wertvollen Gedanken auszurichten.
In diesem Sinne wünsche ich euch eine besinnliche Vorweihnachtszeit!